wortwechsel
: SPD-Männer, Kopftuch, Brand im Flüchtlingslager

Scholz disqualifiziert sich als Kanzlerkandidat, Künert ohne Vision. Islamisches Kopftuch bei Beamtin scheidet Geister. Seehofer blockiert freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen

Nur weg hier. Foto: dpa

Reizstoff

„Schluss mit dem Dogma“,

taz vom 3. 9. 20

In dem Artikel befürwortet Susanne Memarnia das Tragen eines Kopftuchs für Frauen im öffentlichen Dienst. Diese Pro-Kopftuch-Haltung speziell in Bezug auf Lehrerinnen ist mir absolut unverständlich.

Frau Memarnia schreibt: „Natürlich steht das Kopftuch für ein konservatives Frauenbild und Geschlechterverhältnis“ – ist das „links“? Lehrerinnen, die offen zeigen, in welcher Macho-„Kultur“ sie sich eingerichtet haben, sollen diese „Werte“ an Kinder weitergeben dürfen? Das ist Toleranz am falschen Platz. Wenn durch das Beharren auf dem Kopftuch nicht alle Berufe für Frauen offen stehen, müssen sie deshalb nicht „Putz- oder Hausfrauen“ werden, es genügt sich zu emanzipieren und das Kopftuch, nicht die Religion, abzulegen. Frauen dabei zu helfen, wäre ein Schritt in die richtige Richtung – nach links.

Brigitte Lüger-Ludewig, Bad Bergzabern

Kandidat ohne Moral

„Der instinktlose Bürokrat“,

taz vom 9. 9. 20

Dass Olaf Scholz als gelernter Jurist auch noch Beihilfe leistet, um der Hamburger Warburg Bank die Bilanz aufzubessern, ist wohl einmalig. Ein moralisches Gewissen wird einfach ausgeblendet. Damit hat sich Olaf Scholz selbst als Kanzlerkandidat disqualifiziert, wann nimmt die SPD-­Führung ihn aus dem Spielfeld?

Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

Betrug nicht verhindert

„Die Fragen an Scholz werden mehr“,

taz vom 4. 9. 20

Die Fragestellung kann doch nicht ernsthaft sein, ob man Scholz eine aktive Unterstützung des Betrugs von Warburg nachweisen kann. Sondern vielmehr, warum der erste Bürgermeister der Stadt Hamburg – und SPD-Finanzexperte – nicht beim leisesten Verdacht, dass die Stadt um knapp 50 Millionen betrogen werden soll, alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, diesen Betrug zu verhindern. Und der Verdacht sollte ja wohl nach drei Treffen mit Olearius zu eben dem Thema gegeben gewesen sein.

Hansjörg Meyer, Hamburg

Keine Zukunftsvision

„Nur über meine Leiche“,

taz vom 6. 9. 20

Der Pragmatismus von Kevin Kühnert greift zu kurz. Zum einen ist die SPD bei der Frage nach der großen Koalition bereits so oft umgefallen, dass man der Partei nur noch schwer Glauben schenkt, wenn sie betont, sich endlich aus der baby­lonischen Gefangenschaft von CDU und CSU befreien zu wollen.

Zum anderen fehlen der Sozialdemokratie nach wie vor die kreativen Zukunftsvisionen, was auch in diesem Interview leider wieder sehr deutlich wird, wo sich der vormalige Juso-Vorsitzende beim Thema einer gerechteren Gesellschaft fast nur auf einer höhere Besteuerung von Reichtum, aber nicht auf grundlegende Reformen wie zum Beispiel eine bessere Studienförderung für Arbeiter­kinder, in etwa nach dänischem Vorbild, konzentriert.

Zum G20-Desaster in Hamburg muss noch hinzugefügt werden, dass Olaf Scholz bis heute die verantwortungslose Ausrichtung nicht wirklich als Fehler eingeräumt hat, was alles andere als von einem reflektiven Denken zeugt!

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Klimagerechte Sprache

„Mama Erde ist einfach in den Wechseljahren?“, taz-Briefeseite vom 9. 9. 20

Der Leserbrief Wärme = Energie, fokussiert das Thema in schon klimagerechter Sprache, und das zu einem Zeitpunkt, da die taz mit der Kampagne gerade anfängt.

Wärme ist die technisch nicht mehr nutzbare niedrige Energieform die übrigbleibt. Sie geht nicht verloren. Naturgesetzlich fließt Energie nur vom höheren zum niedrigeren Niveau – bis zum Wärme­tod des Universums.

Für Physiker ist das der schwer zu ­begreifende Terminus Entropie.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

Systemänderung

„Die Schande Europas“,

taz vom 9. 9. 20

Wieso sollen eigentlich tausend Flüchtlinge in NRW aufgenommen werden?

Es geht hier nicht um Wohltaten, die Europa wie eine Kolonialherrin unter den Armen verteilt, aber auf ihre Privilegien weiterhin pocht. Es geht um ein Umdenken, eine grundsätzliche Systemänderung, ein tragfähiges, langfristiges Konzept im Umgang mit den Flüchtlingen.

Es geht um die Einhaltung und Umsetzung des Grundgesetzes, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechte, wobei die Betonung auf RECHTE liegt, die diese Menschen als Menschen selbstverständlich haben.

Eva Sarrazin, Bonn

„Verschröderte“ SPD

„Ex-SPD-Chef Martin Schulz soll Chef der Friedrich-Ebert-Stiftung werden“,

taz vom 9. 9. 20

Martin Schulz wäre in der Tat ein guter Nachfolger für die Kanzlerin gewesen.

Polyglott und proletarisch und auch noch mit internationaler Erfahrung.

Nur wenn einem solchen potenziell besonders aussichtsreichen Kandidaten die verschröderten Helfer zur Seite springen, ist der Stab über ihn schon gebrochen.

Das wird jedem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten so gehen, nur eben dem Hamburger Scholz nicht, der gehört ja als ehemaliger Generalsekretär selber zu den verschröderten Teilen der SPD, und eine Krähe hackt bekanntlich der anderen kein Auge aus.

Klaus-Joachim Heuser, Gütersloh

Kreative Lösung

„Ein geplantes politisches Verbrechen“,

taz vom 9. 9.20

Wie groß ist denn unser kleinster gemeinsame Nenner in der Europäischen Union? Sind wir Deutsche nicht auch alle „EU“, trotzdem schauen wir zu, wie Moria auf Lesbos abbrennt? Wir beschäftigen uns hier lieber mit einer Pandemie, die längst keine gefährliche Pandemie mehr ist. ­Unser „Staat“ fährt trotzdem weiterhin seine staatlichen „Bußgeldkrallen“ aus, und wer sich nicht pandemiekonform verhalten will, der bekommt eben noch ein paar tiefe Kratzer mehr ab.

Die vielen Flüchtlinge aus Moria brauchen jetzt sofort viele Dächer über viele Köpfe, und viele Luxusschiffe ankern nutzlos in vielen Häfen unserer einzigen Welt herum.

Klaus P. Jaworek, Büchenbach

Lieber neue Konzepte

„Das grüne Dilemma“,

taz vom 7. 9. 20

Frau Hermann mag recht haben, dass die automobile Zuliefererindustrie staatlicher Hilfen bedarf. Es ist aber doch jetzt schon klar, dass Hunderttausende von Jobs für die Produktion und Wartung von E-Fahrzeugen wegfallen. Und individuelle Mobilität muss nicht heißen, das auch jeder einen E-Pkw haben muss. Da ist viel Raum für einen ressourcen- und klimaschonenden Konsumverzicht!

Wir sollten uns erinnern an die Abwicklung der Steinkohleindustrie in Deutschland: Im Nachhinein wurde festgestellt, dass man für die vielen Milliarden Euro Subventionen für den äußerst umweltschädlichen Weiterbetrieb sämtliche Kohlearbeiter mit fürstlicher Frührente hätte ausstatten können. Daher solle die Abwicklung in der Automobilbranche staatlicherseits vorangetrieben werden – durchaus mit finanzieller Unterstützung, aber nicht für direkte oder indirekte Kaufanreize umweltschädlicher Produkte, sondern für Umschulungs- und Weiterbildungsprogramme und gleichzeitig Gründung neuer Unternehmen mit staatlichem Geld, zum Beispiel im Bereich Soziales und erneuerbare Energien. Statt neuer Rüstungsgüter könnte ein staatliches Beschaffungsprogramm für Elektrobusse und -bahnen viele Jobs schaffen.

Bernd Lehne, Bielefeld