Susanne Messmer interessiert sich jetzt für Igel
: Er frisst nur, wenn er gefüttert wird

Genau am 7. September ist es passiert. Im Vorgarten rannte am helllichten Tag ein aufgeregter und laut schnaufender Igel von links nach rechts und zurück. Auch ohne ausgewiesene Igelkennerin zu sein, erkannte ich sofort, dass da was nicht stimmte. Erstens sind Igel in der Regel zielstrebiger unterwegs, zweitens lieber in der Dämmerung. Da dieser Igel nach genauerem Hinsehen auch noch schwer von Ungeziefer geplagt schien, packte ich ihn schnell ein und fuhr zur benachbarten Tierärztin, Catharina Grasnick in Panketal, denn die Praxis Rafael/Grasnick teilt schon im Eingangsbereich mit, auch Wildtiere anzunehmen. „Sieht aus, als wäre er von einem Hund gebissen worden, wir behalten ihn erst mal hier“, so die freundliche Dame am Empfang.

Bereits am nächsten Tag folgte das erste Update einer Reihe ungemein bewegender Nachrichten von Frau Grasnick. Man habe Hunderte Fliegeneier vom Tier gesammelt, er habe eine hochgradige Lungenentzündung. „Ich denke, es braucht eine Zeit für die Genesung.“ Angehängt war ein Video, wo das nette Tier sich Katzenfutter auf einem Löffel kredenzen lässt.

Zwei Tage später die nächste Nachricht. „Der Igel macht kleine Fortschritte. Er frisst nur, wenn er gefüttert wird. Der Husten ist noch vorhanden, aber nicht mehr so heftig wie vor zwei Tagen.“ Einen Tag später: „Gestern Abend gab es Rührei und heute war der Teller leer“, angehängt ein zweites, sehr possierliches Video. Dann folgte eine fünftägige Pause.

In der dritten Nachricht informierte Catharina Grasnick erneut, der Igel sei auf dem Weg der Besserung, wieder mit nettem Video. Auf Nachfrage folgte die Erklärung für das laute Schmatzen des Patienten: „Ja – das ist ein gemischtes Husten und Ausschniefen.“ Und dann, weitere zwei Tage später: „Viele Grüße zum Wochenende... es geht ihm deutlich besser. Er hat 100 Gramm zugelegt. Ich denke, er kann in einer Woche wieder in Ihren Garten.“ Natürlich war der Nachricht ein weiteres Video angehängt. Und dann, fünf Tage drauf: „Der Igel ist wieder fit und kann zurück. Wann denken Sie ihn abzuholen?“ Auf die Nachricht, dass es erst am Abend klappen wird, noch die Zusatzinfo: „Bin dann nicht mehr in der Praxis und wollte Ihnen nur noch sagen, dass Sie den Igel am besten in der Dämmerung aussetzen.“

Selbigem wurde Folge geleistet. Nach genau 16 Tagen holte ich den genesenen, fühlbar schwereren und kaum mehr schniefenden Igel ab, lediglich gegen eine freiwillige, kleine Spende in der Igelkasse auf dem Anmeldungstresen der Praxis. Am 23. September um 20 Uhr setzte ich ihn exakt an jener Stelle aus, wo ich ihn aufgelesen hatte. Ohne sich noch einmal umzudrehen verschwand er unter einer dichten Tanne.