Vom Kreuzfahrer zum Klimafreund

Der Nabu kritisiert mangelnde Anstrengungen der Reedereien. Corona könnte alles noch schlimmer machen

Der Nabu fordert eine CO2-freie Flotte bis 2050

Nur wenige Kreuzfahrt-Reedereien unternehmen laut einem Ranking des Naturschutzbundes (Nabu) konkrete Schritte für einen effektiven Klimaschutz. Das Gros der Kreuzfahrtbranche sei weit davon entfernt, die Pariser Klimaziele zu erfüllen, sagte der Nabu-Verkehrsexperte Daniel Rieger am Donnerstag in Hamburg.

Am besten schneide unter den 18 befragten Unternehmen die französische ­Reederei ­Ponant ab, die bereits Segel und Batterien einsetzt. Aida, Hurtigruten, Hapag-Lloyd, MSC und TUI hätten konkrete Klimaschutzmaßnahmen in die Wege geleitet, wenn auch nicht in ausreichender Weise. Jedoch seien bei Phönix-Reisen, Norwegian Cruise Lines und Viking Ocean Cruises keinerlei Bemühungen erkennbar. Der Kreuzfahrtverband Cruise Lines international Association (CLIA) verwies dagegen auf die Fortschritte der Branche.

Konkret fordert der Nabu, dass 2030 das erste emissionsfreie Kreuzfahrtschiff in Dienst gestellt wird. Neubauten sollten von da an CO2-frei sein und alte Schiffe schrittweise bis 2050 umgerüstet werden. Ab 2050 solle die gesamte Flotte ohne CO2-Ausstoß auskommen. Vor­aussetzung sei, dass sich die Unternehmen überhaupt zu den Pariser Klimazielen bekennen würden, so Rieger. Dies sei bislang nicht bei allen der Fall. Eine bestimmte Technologie favorisiere der Nabu nicht. Denkbar seien Brennstoffzellen mit Wasserstoff, aber auch Ammoniak oder Methanol. Derzeit setze die Branche vor allem auf Flüssiggas (LNG), das der Nabu allerdings ablehne.

Als kurzfristige Maßnahmen fordert die Umweltschutzorganisation, bis 2023 Landstrom in den Häfen bereitzustellen und dessen Abnahme verpflichtend zu machen. In Hamburg solle es künftig neben dem Terminal Altona noch zwei weitere Landstromanlagen geben, sagte der Nabu-Umweltexperte Malte Siegert. Darüber hinaus sollten die Kreuzfahrtschiffe bis 2023 auf Schweröl verzichten sowie Stickoxidkatalysatoren und Rußpartikelfilter einbauen. Die Kreuzfahrtbranche sei ein Problem für den Klimaschutz, so Rieger. „Sie kann aber auch Teil der Lösung sein.“

Die Coronakrise habe die Kreuzfahrtbranche zum Erliegen gebracht, sagte Rieger. Die Befürchtung sei, dass jetzt Geld fehle für die notwendigen Investitionen in den Klimaschutz. Gleichzeitig würden sich für die Branche die politischen Rahmenbedingungen ändern, die eine Stärkung des Klimaschutzes begünstigten. Dazu zählten die Einbeziehung der Schifffahrt in den Emissionshandel und die Besteuerung von Schiffskraftstoffen. Die derzeit diskutierte EU-Verordnung MRV über die CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr könnte dies ermöglichen.

Die Kreuzfahrtindustrie habe insgesamt über 23,5 Milliarden US-Dollar in neue Technologien und sauberere Treibstoffe investiert, um die Luftemissionen zu reduzieren, erklärte die CLIA. Dies sei eine Steigerung um 6,4 Prozent gegenüber 2019. Etwa die Hälfte der neuen Schiffe nutze Flüssiggas als Kraftstoff, mehr als zwei Drittel verfügten über Abgasreinigungssysteme. 75 Prozent der neuen Schiffe seien mit Landstromsystemen ausgerüstet oder könnten sie bei Bedarf einrichten. (epd)