Spanien will Darkazanli richten

Die spanische Justiz schickt die Ermittlungsergebnisse gegen den Hamburger Islamisten nach Deutschland. Ein Strafprozess vor deutschen Gerichten ist damit aber kaum möglich

„Es geht um Besuche bei einem Freund, der zufällig al-Qaida zugerechnet wird“

AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH

Spanien gibt nicht auf. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht am Montag die Auslieferung des Hamburger Islamisten Mamoun Darkazanli vorläufig verboten. Doch nun übersendet die spanische Justiz die Darkazanli-Akten nach Deutschland. Ein Strafprozess in Deutschland wird damit zwar nicht möglich sein, allerdings könnten die Akten eine Auslieferung Darkazanlis nach der Neuregelung des EU-Haftbefehls erleichtern.

Darkazanli ist ein Hamburger Kaufmann mit vielfältigen persönlichen Kontakten zu Al-Qaida-Mitgliedern in aller Welt. In Spanien soll er als Mitglied des Al-Qaida-Netzwerkes vor Gericht gestellt werden. Bis 2004 scheiterte eine Auslieferung jedoch daran, dass Darkazanli seit 1990 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Mit Einführung des EU-Haftbefehls können zwar auch Deutsche ins EU-Ausland ausgeliefert werden, doch Karlsruhe erklärte jetzt das entsprechende deutsche Gesetz für nichtig. Am Montagnachmittag wurde Darkazanli deshalb wieder aus der Auslieferungshaft entlassen.

Wie die Nachrichtenagentur afp aus Madrider Justizkreisen erfahren hat, wurde Ermittlungsrichter Fernando Grande-Marlaska inzwischen von der obersten spanischen Staatsanwaltschaft beauftragt, die Akten zum Fall Darkazanli nach Deutschland zu schicken.

Die deutsche Justiz rätselte zunächst, was sie mit den Unterlagen aus Spanien anfangen soll, denn ein Strafprozess gegen Darkazanli ist in Deutschland zurzeit nicht möglich. Hier ist die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung erst seit dem Jahr 2002 strafbar. Die Al-Qaida-Kontakte, die Darkazanli im spanischen Haftbefehl vorgeworfen werden, liegen jedoch alle im Zeitraum davor. In Spanien hätte sich der Islamist damit zwar strafbar gemacht, deutsche Gerichte können aber kein spanisches Strafrecht anwenden.

Auch Generalbundesanwalt (GBA) Kay Nehm, der seit Oktober 2001 gegen Darkazanli ermittelt, hat gegen Darkazanli nichts Substanzielles in der Hand. Seit fast vier Jahren prüft er, ob Darkazanli in Deutschland eine Al-Qaida-Zelle zur Unterstützung von Anschlägen gegründet hat. Ohne Ergebnis. Eine GBA-Sprecherin sagte gestern, man werde noch einmal prüfen, ob die spanischen Unterlagen neue Erkenntnisse bringen. Aber Nehm habe auch bisher engen Austausch mit der spanischen Seite gepflegt.

Sinn macht die spanische Aktenlieferung eigentlich nur mit Blick auf ein neues Auslieferungsverfahren. Sobald der Bundestag ein neues Gesetz zum Europäischen Haftbefehl beschlossen hat, muss genau geprüft werden, ob der Schwerpunkt der Vorwürfe gegen Darkazanli im Ausland liegt. Nur dann ist nach den Karlsruher Vorgaben die Auslieferung eines Deutschen möglich. Implizit wird bei dieser Gelegenheit wohl auch geprüft werden, ob die spanischen Vorwürfe gegen Darkazanli überhaupt handfest genug sind. Sein Anwalt Michael Rosenthal zweifelt daran: „Da geht es nur um Besuche bei seinem alten Freund Abu Dahdah in Madrid, der zufällig auch al-Qaida zugerechnet wird.“ Vielleicht können die übersandten Akten Darkazanlis spanische Aktivitäten erhellen.