„… und schon wird’s effektiv“

GENDER Joyce Mushaben erläutert die europäische Geschlechterpolitik aus US-Perspektive

■ ist Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft und Gender Studies an der University of Missouri in Saint Louis.

taz: Frau Mushaben, wieso werden Sie „Dr. J.“ genannt?

Joyce Mushaben: Das dient der Vereinfachung. In den USA fällt es vielen schwer, „s“ und „h“ zu trennen – und das führt oft zu seltsamen Ergebnissen: Nach dem 11. September wurden meine Koffer immer durchsucht, wegen dieses „-ben“ am Ende. Das klang verdächtig.

Ihr Vortrags-Thema, die EU-Geschlechterpolitik, hat zwei Seiten: In den Einzelstaaten funktioniert die als Motor für Gleichberechtigung – während die Kommission überhaupt nicht paritätisch besetzt ist: Über welchen Aspekt referieren Sie heute?

Ich glaube, die gleichberechtigten Besetzung der Kommission ist nicht so wichtig…

Nicht so wichtig?!

Verstehen Sie mich nicht falsch: Sie bleibt skandalös.

Aber?

Interessanter ist, wie sich über die EU eine Politik der Gleichberechtigung durchgesetzt hat. Deren VorkämpferInnen fingen in den 1970er-Jahren an, sich im Europa-Parlament zu engagieren. Das war vor Maastricht fast völlig machtlos – und folglich blieb unbeachtet, was dort beschlossen wurde.

Eine List?

Es war eine Arbeit zwischen den Institutionen. Und es ging vor allem ums Definieren von Problemen: Ich bin sicher, dass es oft viel entscheidender ist, die Grenzen eines Problems mitzubestimmen, als am Ende Ja oder Nein zu sagen. Wer das Problem definiert, bestimmt, aus welchen Quellen die Lösung stammt.

Überzeugen die EU-Lösungen aus US-Sicht?

Ja. Die USA haben ihre Vorreiterrolle, die sie in der zweiten Welle der Frauenbewegung hatten, längst eingebüßt. Wer jetzt nach neuen Ansätzen in der Geschlechter-Politik sucht, schaut nach Europa. Zum Beispiel Gender-Mainstreaming: Da gab’s erst den Begriff, den hat fast keiner richtig verstanden, aber dann haben es die ersten ausprobiert, es wurde eine Richtlinie aufgesetzt, dann kam das Urteil des Europäischen Gerichtshofs – und schon wird die Sache effektiv. Das ist doch eine kluge Methode.  INTERVIEW: BES

Vortrag: Geschlechterpolitik in der EU, 12 Uhr, Uni, SFG 0140