Es gibt keinen Wettbewerbsföderalismus

FINANZKRAFT Bayern ist 1999 schon einmal mit einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich gescheitert

FREIBURG taz | Als Bayern Ende der 90er-Jahre (gemeinsam mit Baden-Württemberg und Hessen) schon einmal gegen den Länderfinanzausgleich klagte, hatte der Freistaat zwei Ziele. Zum einen wollte Bayern nur noch die Hälfte seiner überdurchschnittlichen Finanzkraft abgeben, zum anderen sollte die Finanzkraft-Reihenfolge gewahrt bleiben. Ziel war die Schaffung eines „Wettbewerbs-Föderalismus“. Statt Solidarität sollte eher Konkurrenz das Verhältnis der Länder prägen.

Doch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts fand dies 1999 alles keinen Niederschlag. Die angesichts der ständigen Streitereien eher genervten Verfassungsrichter forderten die Länder auf, ein dauerhaft anwendbares System zu entwickeln. Im Grundgesetz (Artikel 107) heißt es nämlich nur vage, es sei „sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird“.

Im Jahr 2001 rauften sich die Länder zusammen und einigten sich auf das von Karlsruhe verlangte „Maßstäbegesetz“ und später auch auf das konkrete „Länderfinanzausgleichsgesetz“. Den damaligen Kompromiss feierten alle Länder als Durchbruch – auch die Geberländer, weil er für sie ebenfalls kleinere Verbesserungen brachte.

Die neuen Regeln gelten seit 2005 und sind bis Ende 2019 befristet. Bis dahin müssen die Länder ohnehin über Veränderungen des Systems reden. Kaum vorstellbar, dass Karlsruhe im Vorfeld interveniert und konkrete Vorgaben im Interesse der Geberländer macht. Es gibt auch keine entsprechenden Signale aus Karlsruhe. Im Gegenteil. Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, forderte beim letzten Tag der deutschen Einheit, dass die Politik mehr tun müsse, um einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland zu sichern. Er sitzt dem Zweiten Senat vor, der über Bayerns Klage entscheiden wird. Damit wird es bis 2020 wohl weiterhin bei dem bekannten dreistufigen System des Finanzausgleichs bleiben (siehe Grafik):

1. Stufe: Ein Viertel der Umsatzsteuer wird nicht nach Einwohnerzahl auf die Länder verteilt, sondern vorab an finanzschwache Länder ausgeschüttet.

2. Stufe: Das ist der eigentliche Länderfinanzausgleich, gegen den Bayern klagen will. Hier überweisen besonders einnahmestarke Länder (Geberländer) an einnahmeschwache Länder einen Ausgleichsbetrag. Am Ende dieser Stufe haben die Geberländer aber immer noch mehr als die Nehmerländer zur Verfügung.

3. Stufe: Nun kommt der Bund ins Spiel. Er gleicht die Finanzkraft der Länder weitgehend aus, indem er den schwachen Ländern Fehlbetrags-Ergänzungszuweisungen gibt. Zusätzlich erhalten bestimmte Länder noch Sonderzuweisungen, zum Beispiel die ostdeutschen Länder für vereinigungsbedingte Sonderlasten. Diese Sonderzuweisungen können nun sogar die Finanzkraftreihenfolge verändern.

CHRISTIAN RATH