Portugal im Streik

Beamte gehen gegen Maßnahmen, die zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien geplant sind, auf die Barrikaden

MADRID taz ■ Beamte und Angestellte in Portugals Verwaltung und öffentlichem Dienst haben gestern für 24 Stunden die Arbeit niedergelegt. Sie protestierten damit gegen geplante Sozialkürzungen, mit denen die sozialistische Regierung von José Socrates die hohe Staatsverschuldung von 66,5 Prozent und das Haushaltsdefizit von 6,8 Prozent in den Griff bekommen will. Die Eurostabilitätskriterien lassen 60 Prozent Staatsverschuldung und 3 Prozent Haushaltsdefizit zu. Die öffentlich Bediensteten sollen künftig statt mit 60 erst mit 65 Jahren in Rente gehen. Auch soll die automatische Beförderung wegfallen und das Krankengeld gekürzt werden. Zugleich steigt die Mehrwertssteuer auf 21 Prozent.

„Wir wollen, dass die Regierung mit uns verhandelt,“ erklärte gestern Gewerkschaftschef Leopoldo Picano. Er zeigte sich mit der Beteiligung am Ausstand zufrieden. In den meisten Städten wurde bereits in der Nacht zu gestern der Müll nicht mehr abgeholt. Tagsüber blieben Behörden geschlossen und vielerorts kam der öffentliche Nahverkehr zum Erliegen. Krankenhäuser arbeiteten nur mit Notbesatzung. Mehr als 700.000 Menschen seien dem Streikaufruf gefolgt, so die Gewerkschaften.

Der Ausstand ist der bisher größte Protest gegen geplante Einschnitte im Sozialsystem im öffentlichen Dienst. In den vergangenen Monaten war es bereits zu einzelnen Warnstreiks gekommen. Socrates, der im März sein Amt antrat, kann nur schwer nachgeben, denn Brüssel erwägt, zum zweiten Mal ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die Maastricht-Kriterien gegen sein Land zu eröffnen.

REINER WANDLER