Wirbel um angebliches Griechenland-Dokument

KRISE Nach dem Troika-Besuch in Athen verwirrt ein Bericht über nicht umgesetzte Sparvorhaben

BRÜSSEL taz | Griechenland kommt nicht zur Ruhe. Am Freitag sorgte ein Zwischenbericht der Troika für Wirbel, der offenbar aus Regierungskreisen in Berlin „durchgestochen“ wurde. Er vermittelt den Eindruck, dass das Land nicht reformfähig sei – und setzt seine neue konservative Regierung unter Druck.

Die Troika-Experten hätten bei ihrem letzten Besuch festgestellt, dass 210 von mehr als 300 Sparvorgaben nicht umgesetzt worden sein, zitiert die Rheinische Post aus dem angeblichen Troika-Dokument.

Die EU-Kommission in Brüssel wollte den Artikel nicht kommentieren. „Es gibt kein Troika-Dokument mit diesen Zahlen“, hieß es in EU-Kreisen. Ein Sprecher von Währungskommissar Olli Rehn sagte, die Troika werde Ende Juli erneut nach Athen reisen. Erst dann gebe es eine abschließende Einschätzung. EU-Regionalkommissar Johannes Hahn sagte, Griechenland sei kein hoffnungsloser Fall. Er nehme „einen positiven Eindruck“ von seinem jüngsten Besuch mit. Allerdings würden viele EU-geförderte Projekte durch Behördenwirrwarr ausgebremst.

Vom Urteil der Troika hängt die Auszahlung weiterer Hilfen ab. Am Donnerstag hatte Athen mitgeteilt, dass es die Erfüllung der Sparvorgaben um mindestens zwei Jahre strecken will. Dies stößt in Deutschland auf Widerstand. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Vereinbarungen enthielten „inhaltliche wie zeitliche Festlegungen“. Ob sie geändert werden können, ließ er offen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, er sei „skeptisch“, ob Griechenland reformfähig sei. „Ich habe das Gefühl, dass sich die Geduld der Troika dem Ende zuneigt“, so der FDP-Chef – der allerdings gar nicht zur Troika gehört, die sich aus Experten der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds zusammensetzt.

Unter Druck kam am Freitag auch Italien, dessen Kreditwürdigkeit die US-Ratingagentur Moody’s erneut herunterstufte. Italienische Staatsanleihen sind nun nur noch zwei Stufen über Ramschniveau – auf einem Niveau mit Bulgarien und Kasachstan.

Die US-Experten begründeten das vor allem mit den schlechten Wirtschaftsaussichten. Ihr Urteil könnte den Zinsdruck auf Rom weiter erhöhen. Bei einer Auktion am Freitag fielen die Zinsen allerdings leicht. Italien konnte wie geplant 3,5 Milliarden Euro an frischen Krediten aufnehmen. ERIC BONSE