LESERINNENBRIEFE
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Das hohe Gut des Wissens

■ betr.: „Moralkeule gegen Mündigkeit“, taz vom 6. 7. 12

1. Weil schon ein Verfahren existiert, mit dem auch die Trisomie 21 diagnostiziert werden kann, ist ein anderes Verfahren, was dieses kann, nicht automatisch in Ordnung. Man kann auch rückwirkend zu dem Schluss kommen, dass bisherige Verfahren in Frage zu stellen sind. Prozesse laufen nicht automatisch nur in eine Richtung.

2. Der Bluttest wie auch die bisherige Untersuchung sind nicht relevant für die Entscheidung der Mütter. Jede Mutter kann vorher bereits entscheiden, ob sie ein Kind mit Trisomie austragen will oder nicht. Warum sollte eine Mutter, die auch einem Kind mit Trisomie ein Chance auf ein Leben geben will, den Test machen? Der Test ergibt nur Sinn, wenn man sich vorher gegen solche Kinder entschieden hat. Es geht bei dem Test also nicht um das hohe Gut des Wissens (das ergibt sich eh spätestens nach der Geburt), sondern darum, die Geburt eine Kindes mit Behinderungen auszuschließen.

3. Es ist richtig, dass unsere Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderungen erheblichen Nachholbedarf hat. Bei der Entscheidung gegen ein Kind mit Behinderungen spielt das eine sehr große Rolle. Aber auch umgekehrt ist richtig: Das Problem der Normalos mit Menschen mit Behinderungen zeigt sich auch an der Ablehnung eigener Kinder mit Behinderungen und dies führt auch dazu, dass wir diese Menschen nicht ausreichend willkommen heißen. Mütter und Väter sind Teil dieser Gesellschaft, nicht Betroffene. Unabhängig davon müssen doch die gesellschaftlichen Mängel beseitigt und nicht die Reaktion auf die Mängel institutionalisiert werden.

MICHAEL REESE, Berlin

Es muss noch viel getan werden

■ betr.: „Moralkeule gegen Mündigkeit“, taz vom 6. 7. 12

Mir stellt sich die Frage, inwieweit eine Schwangere hier in Deutschland überhaupt noch mündig denken, geschweige denn handeln kann angesichts der ganzen Angstmacherei in der schulmedizinischen Geburtshilfe. Hier muss noch viel getan werden, damit frau sich wieder traut, auf die innere Stimme und ihren Bauch zu hören, und die Geburt als etwas Natürliches begreift. Ich wünsche es den werdenden Kindern dieses Landes! KIENE BERTRAM, Ammersbek

Übrig bleibt die schwangere Frau

■ betr.: „Jobs für Homos“, taz vom 5. 7. 12

Mich wundert es nicht, dass Großkonzerne nun damit anfangen, bevorzugt Schwule und Lesben einzustellen. Von diesen ist nicht zu erwarten, dass sie in die Elternzeit gehen, wenigstens nicht auf natürlichem Wege. Sie sind rundum verfügbar, zumeist bleibt Familienplanung aus. Dahingegen stehen Frauen in heterosexuellen Beziehungen gehörig unter Druck. Der Personalchef wird davon ausgehen, dass irgendwann die Elternzeit vor der Tür steht. Das bringt Einbußen, was die Lohnfortzahlung betrifft. Bei Schwulen und Lesben ist das nicht zu erwarten. Übrig bleibt die schwangere Frau. Ist das in Ordnung? CLAUS LANGBEIN, Kornwestheim

Ein guter Ansatz

■ betr.: „Jobs für Homos“, taz vom 5. 7. 12

Das Thema Diversity Management ist in unserer modernen Gesellschaft ein guter Ansatz, ein Ansatz, der eine nachhaltige und zukunftsorientierte Arbeitsmarktstruktur verfolgt. Gesellschaftliche Minderheiten zu fördern und die Vorteile in ihnen zu sehen, ist etwas, was sich durch alle Unternehmen und auch Behörden ziehen sollte. Berlin machte es vor mit dem Projekt „Berlin – Stadt der Vielfalt“. Hier wird versucht, strukturelle Benachteiligungen abzubauen, und so auch die Abwehr von Diskriminierungen geschafft. Nur wenn wir einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz verfolgen, kann es uns gelingen, in Deutschland Strukturen zu schaffen, die die Intoleranz und Ausgrenzung von Minderheiten vermeidet.

FLORIAN BREMER-GAST,

Bündnis 90/Die Grünen, Sprecher KV Stade

Mutige und engagierte Frauen

■ betr.: „Rebellen aus der Stillen Straße“, taz vom 5. 7. 12

Ich freue mich über die mutigen und engagierten Frauen. Allerdings möchte ich bei dem Artikel berichtigen, dass es sich hier, da die meisten ja Frauen sind, nicht um Rebellen, sondern um Rebellinnen handelt, wie wir es auch im gesamten Artikel offensichtlich in der Mehrzahl mit Seniorinnen und Besetzerinnen statt mit Senioren und Besetzern zu tun haben. Ich denke, Frauen haben ein Anrecht, auch als solche benannt zu werden. Schließlich mag das liebenswürdige, aber doch Frauen verharmlosende Wort Oma zwar bei „nie mehr Oma am Herd“ noch am richtigen Platz sein, aber per se ist eine alte Frau keine Oma. HELGA LINDENMAIER, Unterheinriet

Gipfel der Barbarei

■ betr.: „Beschnittene Meinung“, taz vom 4. 7. 12

Da haben Sie wohl trotz Reli-Abi etwas grundlegend missverstanden: Beim Abendmahl wird nicht der Leichnam Christi verspeist, der ja laut Überlieferung nur eine geringe Halbwertszeit auf Erden hatte. Die versammelten Personen essen jeder eine Oblate aus ungesäuertem Mehlteig und trinken dazu, als Gipfel der Barbarei, einen Schluck roten Traubensaft. MARTINA SCHELLBERG, Illertissen