berliner szenen
: Das kleine blaue Rechteck

Der Publikumsandrang auf die Berliner Bäder ist inzwischen dank Corona-Einlassbeschränkungen so groß, dass die Karten auf der Website schneller ausverkauft sind als Berlinaletickets. Tagträumer, die meinen, man könnte einfach mal am Nachmittag ins Prinzenbad gehen, werden sich wundern: Vier Tage vorher gehen die Karten in den Verkauf, vier Tage vorher sind sie innerhalb von Minuten weg. Dasselbe gilt für den Zugang zu anderen beliebten Bädern wie dem Columbiabad und dem Freibad im Humboldthain.

Inzwischen stelle ich mir schon den Wecker, um rechtzeitig am Rechner zu sitzen, wenn um Punkt 16.15 Uhr die Karten für die letzte Runde im Prinzenbad vier Tage später verkauft werden. Ab 16 Uhr lade ich die Seite wieder und wieder, bis ein kleines blaues Rechteck anzeigt, dass der Verkauf losgeht. Ich versuche, Klickrekorde zu brechen, während ich mich auf die nächste Seite weitermanövriere. Doch da steht dann leider, dass im Augenblick alle Karten reserviert sind.

Was das mit der Reservierung bedeutet, darüber kann man nur rätseln. Eine praktische Bedeutung hat es nicht. Wenn man sein Glück gleich noch einmal versucht, heißt es nur noch: „Ausverkauft“. Zu haben sind dann nur noch Bäder in Stadtteilen jwd wie Staaken, Mariendorf oder Spandau. Dann eben nicht.

An alle diejenigen, die in vier Tagen ihre Bahnen im hinteren Becken des Prinzenbads ziehen: Viel Vergnügen! Aber denkt daran: Ihr seid alle kleinkarierte Spießer, die ihren ganzen Tagesablauf so organisieren, dass sie pünktlich um 16.15 Uhr auf ein blaues Rechteck klicken können. Echt cringe, ihr Pfeifen!

Ich selbst gehöre natürlich nicht zu diesen Leuten. Ich bin einfach zu cool für solche pedantischen Drillübungen. Darum fahre ich jetzt zur Bammelecke. Das habt ihr nun davon.

Tilman Baumgärtel