Pride bleibt stolz

Die Schwulenparade wurde abgesagt. Der Staat hat „den Schwanz eingezogen“, schrieb ein Journalist

Die für Sonntag angesagte Belgrad Pride wurde im letzten Augenblick abgesagt. Der Grund: Die Belgrader Polizei konnte, oder wollte wegen zahlreicher Gewaltdrohungen nationalistischer, patriotischer und christlich-orthodoxer Gruppen die Sicherheit der Teilnehmer in der City nicht garantieren. Man empfahl, sie außerhalb des Zentrums in einem Parkkomplex abzuhalten; die Organisatoren lehnten es jedoch ab, sich auf einer „Weide“ zu versammeln.

Die Symbolik dieser Manifestation überall in der Welt sei, zu zeigen, dass Schwule gleichberechtigte Bürger seien, die sich wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht zu schämen brauchen und sich nicht bedroht fühlen müssen, verkündeten Vertreter der serbischen Gay-Organisationen. Es gäbe nichts Stolzes dabei, die „Pride“, Parade des Stolzes, abgestoßen und abgeschoben abzuhalten.

Ein Verbot

„De facto war das ein Verbot“, erklärte einer der Organisatoren, Dušan Kosanović. Der Staat habe vor der Gewalt kapituliert. So sieht es auch Zoran Dragišić, Professor der Fakultät für Sicherheitsfragen in Belgrad. Er „gratulierte“ faschistischen und nationalistischen Gruppen, den Staat besiegt zu haben. Ein bekannter serbischer Regisseur sprach von der „Niederlage aller Bürger und der Demokratie“. Bürgerliche, liberale Politiker redeten vom bevorstehenden „Kampf für Freiheit gegen Angst und Terror“. Doch das waren vereinsamte Stimmen.

Die politische Elite gratulierte den Homosexuellen zur „weisen“ Entscheidung, die als „hoher Risikofaktor“ bezeichnete, problematische Manifestation abgeblasen zu haben, ohne zu erkennen, dass das eigentliche Problem darin liegt, dass das Anderssein in Serbien immer noch problematisch ist. Im Falle der Schwulen klang auch die Beteuerung der Spitzenpolitiker halbherzig, dass alle Bürger das Recht hätten, friedlich ihre Meinung zu demonstrieren. Vom Staatspräsidenten bis zum Bürgermeister Belgrads hielt man es für wichtiger, potenziellen Wählern zu erklären, dass man selbst „straight“ sei, als sich ohne Wenn und Aber für demokratische Rechte einzusetzen. Und sie bekräftigten somit den verbohrten Konservativismus.

Im Grunde haben faschistoide Organisationen Schwulen mit Prügel gedroht, und die Staatsspitze wagte es nicht, sich mit Hooligans anzulegen und mit der Macht die Staatsgewalt die „Entarteten“ unter Schutz zu nehmen. ANDREJ IVANJI