Doch kein Zwang zum Gesichtzeigen

DÄNEMARK Konservative Regierung gibt Burka-Verbot auf, weil es gegen die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Ausländerfeindliche Volkspartei will dennoch damit punkten

STOCKHOLM taz | In Dänemark wird es kein Verbot des öffentlichen Tragens einer Burka, eines das Gesicht bedeckenden Ganzkörperschleiers für Frauen, geben. Die regierenden Konservativen zogen einen im August initiierten Gesetzesvorschlag zurück, nachdem ein Gutachten des Justizministeriums feststellte, dass ein Burka-Verbot sowohl gegen die Verfassung als auch die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße würde.

„Es versteht sich von selbst, dass weder ich als Justizminister noch meine Partei dann einen solchen Vorschlag weiterverfolgen“, erklärte Justizminister Brian Mikkelsen. Die Regierung werde über „andere Mittel“ beraten, „um die Ausbreitung des Tragens der Burka zu bekämpfen“. Diese repräsentiere ein Frauen- und Menschenbild, „das nach Meinung der Regierung in Dänemark nichts verloren hat“. Die Chefin der Konservativen und Vizeministerpräsidentin Lene Espersen sagte: „Es geht um die Verteidigung der gleichen Werte, für die dänische Soldaten auch in Afghanistan kämpfen.“ In der Medienöffentlichkeit, die überwiegend kritisch zu einem Burka-Verbot stand, wurde der Schritt der Konservativen begrüßt. Es sei erfreulich, dass sie erkannt hätten, „dass universelle Prinzipien der Demokratie und der Religionsfreiheit wichtiger sind, als die Regierungsmacht um jeden Preis zu erhalten“ und nur auf die Wählermehrheit zu schielen, kommentierte die liberale Zeitung Politiken. Die Dänen sind laut Umfragen mehrheitlich für ein Burka-Verbot.

Mit dem Rückzug ist die Burka-Debatte aber nicht zu Ende. Pia Kjærsgaard, Vorsitzende der ausländerfeindlichen „Volkspartei“, sprach von „absurdem Theater“. Ihre Partei will sich von „möglichen Verfassungsbedenken irgendwelcher Beamter“ nicht stören lassen, wirft der Regierung „Feigheit“ vor und kündigte einen eigenen Verbotsantrag im Parlament an. Die oppositionellen Sozialdemokraten, die erst offen für ein Verbot waren, wollen das Strafgesetzbuch um einen Tatbestand ergänzen, der es strafbar macht, „Menschen das Tragen bestimmter religiöser Kleidungsstücke aufzuzwingen“. REINHARD WOLFF