Christian Buss Der Wochenendkrimi
: Trotz Rock tote Hose

Borowski singt. Steht da vorm Radio und summt ein Lied des Deutschrockers Bodo Dietrich mit. Psychologin Jung betritt unbemerkt das Büro und lächelt sanft. Kein gutes Zeichen. Bislang lebte der Kieler „Tatort“ ja davon, dass der schroffe Kommissar (Axel Milberg) und die nicht minder schroffe Therapeutin (Maren Eggert) nie so recht zusammenkamen. Nun landen sie, die gemeinsame Liebe für Dietrichs Milchkaffeepoesie macht es möglich, zusammen im Hotelbett.

Für den Krimi selbst bedeutet diese lang aufgebaute amouröse Erfüllung einen enormen Druckverlust. Die Angespanntheit von Borowski, die ihn auf kreative Konfrontation mit den Verdächtigen brachte, ist auf einmal weg; die gnadenlose Analyselust bei Jung weicht einer eher wolkigen Weltsicht. Und schuld an alldem ist nur dieser Bodo Dietrich.

Den kennen Sie nicht? Ist ja auch Fiktion. Oder besser: ein System aus Verweisen auf reale Altrocker. Er dichtet wie eine Mischung aus spätem Reiser und frühem Waggershausen und rennt rum wie eine Mischung aus spätem Westernhagen und sehr spätem Lindenberg. Hugo Egon Balder lässt als Dietrich nur minimal die Gesichtszüge spielen und sagt gefühlte fünf Sätze. Die ganze Zeit redet der Bodyguard für den fiktiven Star, der vom realen Lindenberg-Bodyguard gespielt wird.

Regisseurin Angelina Maccarone, früher einmal selbst Lindenberg-Texterin, fährt also allerlei Insiderwitze auf – aber leider keine plausible Handlung: Der Mord an einer Freundin des Stars aus frühen Tagen (Helen Schneider) führt hier in ein Flashbackgeflecht aus frühem Ruhm und gefährlichen Eitelkeiten. Die kunstvoll ausgeleuchtete Atmosphäre eines altehrwürdigen Hotels sorgt zwar für das nötige nostalgische Flair, die „Shining“-Zitate aber vernebeln eher die kriminalistische Recherche im Deutschrockmilieu, als sie voranzutreiben. Borowski, lass das Singen!

Kiel-„Tatort: Borowski und die Sterne“, So., 20.15 Uhr, ARD