„Immer noch nicht out“

KINDERLIEDER Der unermüdliche Kinderunterhalter Rolf Zuckowski moderiert beim Kinderlied-Kongress in Hamburg

Der Kinderliedermacher lebt in Hamburg. 2008 bekam er den „Echo“ fürs Lebenswerk. FOTO: DPA

INTERVIEW RABEA WILLERS

taz: Herr Zuckowski, Sie machen seit über dreißig Jahren Musik für Kinder. Wie haben sich die Kinderlieder verändert?

Ich habe früher sehr viel ausprobieren können, während die Kollegen von heute viel spezialisierter sind. Es gibt zum Beispiel die Gruppe „Sternschnuppe“ aus München. In ihrer Musik spielt Regionales eine große Rolle. Tendenziell werden die Lieder rockiger und poppiger, es gibt mittlerweile sogar Rap in Kinderliedern. Auch Frauen, die Kindermusik machen, werden häufiger.

Sind auch die Themen andere als früher?

Klar, das liegt in der Natur der Sache. Die Kinder sind immer noch Kinder, aber der Einfluss der Umwelt beginnt ja schon im Kindergarten. Moden und Trends kennen die Kleinen schon, als Zeitgeist fließen sie in die Musik ein. Ich denke, man muss heute deutlicher eine Marke setzen. Das Image spielt auch bei Kindern eine große Rolle.

Heißt das, die Ansprüche der Kinder sind gewachsen?

Das würde ich so nicht sagen. Die Kinder haben ihre Maßstäbe nicht verändert. Sie wollen Spaß haben, mögen Spannendes und Lieder mit Wortwitz. Sie wollen Lieder zum Träumen. Klar haben die Kinder mehr Auswahl, aber was sie im Endeffekt hören, hängt auch viel von den Eltern ab. Zum Glück bin ich bei denen noch nicht out.

Wie erklären Sie sich, dass Sie noch so im Trend sind?

Ich schreibe nur Lieder, mit denen ich als Liedermacher richtig glücklich bin. Da regt sich dann etwas in mir: Erinnerungen an meine eigene Kindheit oder Erlebnisse mit meinen Enkelkindern. Wenn man sich etwas nur für die Kinder ausdenkt, mit dem man sich selbst nicht identifizieren kann, klappt das oft nicht so gut. Es gibt kein Patentrezept, aber man sollte Liedermacher mit Herz und Kopf sein.

Also steckt in Ihnen selbst noch ein Kind?

Klar, das muss so sein und ist die Ausgangslage fürs Liedermachen. „Kind sein“ meine ich im Sinne von sich verzaubern lassen. Die Musik macht mich glücklich.

Das klingt, als würden Sie auch gern privat Ihre Lieder hören.

Nein, die höre ich nur, um mich auf Konzerte vorzubereiten. Ich bin glücklich, wenn ich auf der Bühne stehe und die Lieder für die Kinder singe. Am meisten höre ich meine eigenen Sachen, wenn ich sie produziere. Wenn sie mir da schon nicht mehr gefallen, mache ich sie nicht zu Ende.

Stimmt es, dass Kinder heute weniger singen?

Untersuchungen der letzten Jahre haben zwar gezeigt, dass das Singen unter Kindern im Rückzug ist, ich bemerke aber immer mehr einen gegenläufigen Trend. Ich finde aber, dass der Musikunterricht in Schulen zu stiefmütterlich behandelt wird. Da wird der Fokus mehr auf die Wissensfächer gelegt und vergessen, dass der Lebensraum Schule vor allem von den musischen Fächern profitiert. Kinder, die selber Musik machen, sind viel offener für unterschiedliche Musikarten.

Hat sich Ihr Publikum im Laufe der Zeit verändert?

Ja, es ist jünger geworden. Manchmal sogar zu jung. Da stehen dann Eltern, mit Kindern, die jünger als drei Jahre sind auf den Konzerten. Das finde ich fragwürdig. Es ist schwerer geworden, ältere Kinder anzusprechen, weil die oft bereits Fans von Popgruppen wie Tokio Hotel sind. Deshalb haben sich viele Kollegen speziell auf die jüngeren Altersstufen eingestellt.

Sind nicht viele Eltern schon genervt von ihrer Musik, wenn sie ihre Kinder ständig auf Ihre Konzerte begleiten müssen?

Nein, so was habe ich bisher eher selten erlebt. Das hat einen einfachen Grund: Die meisten Eltern sind selbst bereits mit meiner Musik groß geworden.

3. Deutscher Kinderlied-Kongress, 25.–27. 9. 2009 in Hamburg, Abschlussgala 17 Uhr, Kampnagel