In Eckernförde
kränkelt die Klinik

In Eckernförde droht dem örtlichen Krankenhaus die Schließung wegen roter Zahlen. Die Frage stellt sich landesweit: Was zählt – Nähe vor Ort oder dezentrale Spezialisierung?

Als Boots­fah­re­r*in ist man in Eckernförde gut aufgehoben, als Patient*in muss man künftig möglicherweise andernorts andocken Foto: Christian Charisius/ dpa

Von Esther Geißlinger

Wird das Krankenhaus im Ostseestädtchen Eckernförde geschlossen? Die kreiseigene Imland-Klinik schreibt rote Zahlen, und die Coronapandemie hat die Probleme verstärkt. Im Flächenland geht der schleichende Strukturwandel weiter – Kassen wie Krankenhausgesellschaft wünschen sich mehr Steuerung durch die Politik.

„Finger weg“ stand auf den Plakaten, mit denen Beschäftigte und An­woh­ne­r*in­nen schon vor Wochen gegen die Schließung protestierten. In Eckernförde steht eines von zwei Häusern der Imland-Klinik im Kreis Rendsburg-Eckernförde, beide schreiben rote Zahlen. Weil die Insolvenz droht, hat der Kreis ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen eingeschaltet, das drei Szenarien vorschlägt. Alle sind mit Sparmaßnahmen verbunden, darunter als härtester Eingriff das Ende für den Standort Eckernförde.

Für das wirtschaftliche Desaster macht die Klinikleitung die Coronapandemie mitverantwortlich: Weniger Pa­ti­en­t*in­nen kamen, gleichzeitig stiegen die Kosten für Hygienemaßnahmen. Ausgleichszahlungen des Bundes halfen vor allem Häusern in Regionen mit hoher Inzidenz – das traf für Schleswig-Holstein kaum zu.

„Corona hat die Situation verschärft, aber es gibt strukturelle Probleme kleiner Häuser, die nach der Pandemie bleiben werden“, sagt Patrick Reimund, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH). Landesweit gibt es 114 Klinikstandorte mit rund 15.000 Betten, hinter denen 75 Krankenhausträger stehen – diese Zahlen sind seit Jahren stabil, zeigt die Statistik des Verband der Ersatzkasse (VDEK), dem in Schleswig-Holstein eine Reihe gesetzlicher Krankenkassen angehören.

Dennoch verschiebt sich etwas: Der Trend geht zur Verkleinerung, einzelne Stationen schließen, Angebote fallen weg. Proteste in der Öffentlichkeit gibt es vor allem, wenn Geburtsstationen schließen, aber auch in vielen anderen Bereichen findet eine Spezialisierung statt. Gut so, sagt die Leiterin der VDEK-Landesvertretung Schleswig-Holstein, Claudia Straub: „Es kann in Zukunft nicht mehr so sein, dass jedes Krankenhaus jeden möglichen Eingriff anbietet.“ Tatsächlich zeigen Studien, dass – besonders bei komplizierten Behandlungen – mehr Fälle und damit mehr Routine zu besseren Erfolgen führen. Patrick Reimund von der KGSH spricht von einer „zwiespältigen Diskussion“. Denn es gehe auch um Nähe: „Es macht etwas mit einem Ort, ob es eine Klinik gibt.“ Aber auch er glaubt, dass die „Struktur auf den Prüfstand“ muss und es dabei auch um die Frage gehe, ob jeder Standort erhalten bleibe. „Wir brauchen ein Zielbild, auf dessen Basis wir eine Bestandsaufnahme machen und Entscheidungen treffen müssen“, sagt Reimund. „Vermutlich werden es am Ende weniger Kliniken als heute.“

„Es gibt strukturelle Probleme kleiner Häuser, die bleiben“

Patrick Reimund, Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein

Aber, da sind sich Krankenhausgesellschaft und Kassenverband einig, dieses Zielbild fehlt zurzeit, die Entscheidungen bleiben den Trägern überlassen. „Hier ist das Land gefordert, über die Krankenhausplanung nicht nur die Bettenzahl vorzugeben, sondern auch das Leistungsangebot der Häuser zu steuern“, sagt Claudia Straub der taz.

Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP) kennt die Probleme. Er glaubt, dass es wegen des Mangels an Fachpersonal notwendigerweise zu einer Konzentration der Standorte kommen wird. Er will Kliniken für „Spezialisierungs- und Konzentrationsprozesse“ belohnen und „Mindestausstattung sowie Mindestfallzahlen“ für bestimmte Eingriffe festschreiben – diese Eckpunkte stehen im Diskussionspapier des Ministeriums.

Dennoch fehlt ein klares Leitbild für das Land, und auch für Eckernförde gibt es keinen Rat: „Dem derzeit laufenden Prüfprozess kann nicht vorgegriffen werden“, so Ministeriumssprecher Christian Kohl. Der Kreis diskutiert zurzeit ein Szenario, das die CDU vorgeschlagen hat: Sie möchte beide heutigen Standorte schließen und auf der grünen Wiese eine neue Klinik bauen. Das 600-Betten-Haus würde einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Eine Entscheidung soll im Herbst fallen.