„Wir müssen das offenbar anders vermitteln“

Die Linke in Bremen hat bei der Wahl 5,7 Prozent der Stimmen verloren – und ihr Mandat. Ein Gespräch mit Doris Achelwilm über Gründe und die Zukunft der Partei

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Interview Jan Zier

taz: War das schlechte Wahlergebnis der Linkspartei für Sie ein Schock, Frau Achelwilm?

Doris Achelwilm: Die Umfragen deuteten im Vorhinein schon in diese Richtung. Trotzdem ist das Ergebnis sowohl in Bund als auch in Bremen sehr enttäuschend.

Nur 4,9 Prozent der Stimmen im Bund, in Bremen nur noch 7,7 Prozent, und ihr Mandat ist auch weg. Warum lief es noch katastrophaler als befürchtet?

Das werden wir in Ruhe analysieren müssen, da spielen viele Faktoren zusammen. Offenbar haben unsere Botschaften die Menschen nicht klar genug erreicht. Nun müssen wir uns neu positionieren.

Die Linke hatte keine Machtoption, weil weder die SPD noch die Grünen im Bund mit ihr koalieren wollen.

Ja. Wir müssen aber auch deutlicher machen, dass unsere Rolle in Regierung wie auch Opposition wichtig ist.

Oft ist zu hören, dass Ihnen der starke Fokus auf die drei KanzlerkandidatInnen geschadet hat. Für die FDP war das aber auch kein Problem.

Offenbar nicht. Ihre Positionen wurden aber auch nicht so stark polarisierend abgebildet wie unsere.

Will Die Linke zu sehr eine Partei der Armen sein?

Nein. Wir sind eine Partei, deren Aufgabe es ist, Menschen zu Gerechtigkeit zu verhelfen, die von ungerechter Reichtumsverteilung betroffen sind. Das geben wir nicht auf. Aber wir müssen das offenbar anders vermitteln.

Braucht Die Linke ein klareres wirtschaftspolitisches Profil und Ziel?

Wir brauchen in verschiedenen Bereichen klarere Profile, auch in der Klima- oder Außenpolitik. Sonst dringt nicht ausreichend durch, welchen gesellschaftlichen Gebrauchswert unsere Politik liefert.

War es ein Fehler, aus ideologischen und identitätspolitischen Gründen nicht für die Aufnahme von AfghanInnen gestimmt zu haben?

Doris Achelwilm 44, war von 2013 bis 2017 Landesvorsitzende der Linkspartei und zog 2017 über die Bremer Landesliste in den Deutschen Bundestag ein. Dort war sie Fraktionssprecherin für Gleichstellung, Medienpolitik und Queerpolitik. Im neuen Bundestag wird sie nicht wieder vertreten sein – ihre berufliche Zukunft ist noch offen.

Wir haben uns immer für die Evakuierung von Menschen aus Afghanistan eingesetzt – und zwar schon lange bevor die Bundesregierung da tätig wurde. Die Einordnung lief so gegen uns, dass das schon absurde Ausmaße annahm. Trotzdem hat das verfangen, obwohl wir unsere Position deutlich kommuniziert haben.

Hatten Sie das falsche Spitzenpersonal – oder ist es nur weithin unbekannt?

Janine Wissler und Susanne Henning-Wellsow machen beide gute Arbeit, hatten aber zu wenig Zeit, sich zu profilieren. Wir sollten die Fehlersuche jetzt nicht nur an Personen festmachen, auch nicht an Sahra Wagenknecht.

Jetzt ist schon von einer „Neuerfindung“ der Linkspartei die Rede. Wie kann die denn aussehen?

Das lässt sich nicht aus dem Hut zaubern. Wir müssen als Partei stärker zusammen wachsen und uns auf gemeinsame Ziele konzentrieren. Das Erreichen einer solidarischen Gesellschaft konkreter und nahbarer machen.