Jörn Kabisch Angezapft
: Brot imBier lob ich mir

Foto: Hertl

Brot entwickelt sich zu einer immer häufiger verwendeten Bierzutat. Brot? Ja, genau. Es gibt zwei Motive, warum, den Zero-Waste-Gedanken und Geschmacksüberlegungen. Altbackenes Brot zu mahlen und wiederzuverwenden hat bei Bäckern, aber auch bei Brauern eine lange Tradition. Lebendig ist sie vor allem im skandinavischen und baltischen Raum, wo auch noch Kwas getrunken wird, ein saurer, leicht alkoholischer Brottrunk.

Inzwischen hat die Idee aber auch in Deutschland, Großbritannien und anderswo in Europa Freunde gefunden. Brot gehört nach Obst und Gemüse nämlich zu den Lebensmitteln, von denen wir am meisten verschwenden. Wirft man es mit in den Biersud, könnten trotzdem noch viele Tonnen sinnvoll verwendet werden. So jedenfalls war die Überlegung, bis die Pandemie anrollte. In den vorigen eineinhalb Jahren waren es vor allem die Bäcker, die, weil die Gastronomie stillstand, den Brauern das überschüssige Bier zum Backen abnahmen.

Nun kehren sich die Verhältnisse wieder um. Mit „Knärzje“ in Frankfurt am Main gibt es sogar ein Start-up, das allein auf Brotbier setzt, sonst sind es vor allem kleine und jüngere Brauereien, die mit dem Spezialbier experimentieren. Dabei wird beim Brauen bis zu ein Drittel des Malzes mit Altbrot ersetzt. Immer kann man schmecken, warum Bier auch flüssiges Brot genannt wird.

Nun hat auch David Hertl ein Brotbier gebraut. Er sitzt in Schlüsselfeld, östlich von Bamberg, und nennt seinen Betrieb großmundig die „kleinste und geilste“ Brauerei Frankens. Man muss eben klappern bei der großen Dichte an Brauereien rund um die oberfränkische Rauchbier-Metropole.

Eigentlich aber betreibt Hertl die liebenswerteste Familienbrauerei Frankens, der 31-Jährige fertigt sein Bier noch immer im ehemaligen Schweinestall des elterlichen Hofs und die Verwandtschaft hilft kräftig mit. Einige seiner Biere sind deshalb Hommagen an die Fami­lien­mitglieder. Da gibt es „Oma’s Betthupferl“ – ein Bockbier – oder „Mutti’s Sonnenschein“: ein Helles.

Ur-ur-ur-ur-ur-Opa, Hertl Braumanufaktur, 5,4 % vol.

Hertls Brotbier ist eine Verbeugung vor einem Namensvetter, dem Braumeister ­Herttel, einem der ältesten namentlich bekannten Brauer, er war zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Nürnberg tätig. „Historisches Brotbier“ steht auf dem Etikett, aber Altbackenes darf man ­deshalb gerade nicht erwarten, es ist, obwohl malzbetont, erstaunlich frisch und erinnert mich stark an herbes Zwetschgenmus. Nur: „Flüssiges Brot“ wäre in seinem Fall keine exakte Beschreibung, sondern „flüssige Brotkruste“.