LESERINNENBRIEFE
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Wen kümmert der Bürgerwille

■ betr.: „Dritte Startbahn ist abgewählt“ und „Ich werde von der dritten Bahn abheben“, taz vom 19. 6. 12

So ist’s recht: Was kümmert mich der Bürgerwille, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht? Dieses Motto ist die allzu bekannte Grundlage der sogenannten liberalen FDP-Politik. Wie wäre es denn mit Alternativen: müssen Kurzstreckenflüge sein; gibt es keine Bahnverbindungen? Müssen zwei oder mehr halb leere Flieger zur selben Destination abheben, sogar oft zeitnah beieinander? Oft sind die Flugpreise extrem niedrig, nur um der Konkurrenz die Passagiere abzujagen, auch das muss nicht sein. Warum soll man für 19,90 Euro irgendwohin fliegen können? Sowohl für die Airlines als auch für die Verbraucher, aber allemal für die Umwelt wäre ein gesunder Mittelwert das Beste. Jedoch solange Subventionen fließen und der wirtschaftliche Verlust von der Allgemeinheit getragen wird, so lange kann man das liberale Sonntagsredengeschwätz auf das reduzieren, was es ist: Partikularinteresse der einen oder anderen Art, sonst nichts. F. LOTHAR WINKELHOCH, Gummersbach

Asylbewerber willkommen

■ betr.: „Der bewegte Kleinbürger“ und „Bürger gegen Nachbarn“, taz vom 20. 6. 12

Sicher stimmen die Fakten und es lässt sich auch nichts von dem Rassismus wegdiskutieren, der bei den Anwohnerprotesten gegen Asylbewerberunterkünfte und der allgemeinen Debatte zum Thema in Leipzig zum Vorschein kam. Trotzdem spiegelt ihre Berichterstattung den Sachstand von vor 10 Tagen wieder. Seitdem hat sich die Diskussion zur Unterbringung nämlich zum Guten hin gedreht: Es gibt einen Initiativkreis für Menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerben in Leipzig, der die neuen Nachbarn willkommen heißen will. In nur einer Woche ist es so gelungen, knapp 3.000 Unterschriften unter eine Petition für das dezentrale Unterbringungskonzept zu sammeln (2.500 bis Mitte Juli hatte er sich vorgenommen!). Auch kamen bei einer Bürgerversammlung im Westen der Stadt 160 Teilnehmer zusammen, die sich einhellig für die Unterbringung von Flüchtlingen auch in ihrem Viertel aussprachen. Und nicht zuletzt finden Unterstützungskundgebungen für das Unterbringungskonzept vor dem Rathaus statt. STEPHAN STACH, Leipzig

Gutes Leben auf hohem Niveau

■ betr.: „Katja Kipping fordert einen Maximal-Lohn für Reiche“, taz vom 18. 6. 12

Es ist höchste Zeit, dass Frau Kippings Forderung nach einem Maximallohn ernsthaft diskutiert wird. Ein Jahresverdienst ab Millionenhöhe ist in meinen Augen durchaus keine private Angelegenheit mehr; hier werden dem Staat und der Gesellschaft Mittel vorenthalten, die zur Lösung dringender Probleme benötigt werden, also in die öffentliche Hand gehören. Selbst wenn denn tatsächlich alle Einkünfte über einer Höhe von einer halben Million Euro Jahreseinkommen in Form von Steuern abgegeben werden müssten, wäre ein gutes Leben auf hohem Niveau gesichert. Unter anderem wäre das staatliche Grundeinkommen so ohne Weiteres finanzierbar und die Spaltung der Gesellschaft könnte gestoppt, ja rückgängig gemacht werden. BERND-MICHAEL KABIOLL, Berlin

Urlaub kinderfrei

■ betr.: „Nur für Erwachsene“, taz vom 16./17. 6. 12

Vielen Dank für den Hinweis auf die kinderfreien Hotels! Ich habe selbst zwei entzückende Kinder und immer in Einrichtungen für Eltern mit Babys und Kleinkindern gearbeitet. Meine schwer ersparten Urlaube habe ich in den vergangenen 16 Jahren immer in Ferienhäusern, in denen ich alles selbst machen musste, und wunderschönen Ferienanlagen von Eltern-Kind-Reiseanbieter verbracht.

Nun freue ich mich auf die Zeit, wo auch die jüngste Tochter alleine verreist und ich mich in einem Hotel erholen kann, in dem ich nach über anderthalb Jahrzehnten mal wirklich meine Ruhe habe und auch kein Kind anderer Leute hören muss, und vor allem nicht andere Eltern im Umgang mit ihrem Nachwuchs erleben muss. Ich werde mir sofort Prospekte vom kinderfreien Hotel schicken lassen, sie mir an die Wand hängen und dem Tag entgegenfiebern, in dem Urlaub Urlaub ist. Was das alles mit Ausgrenzung zu tun hat, erschließt sich mir überhaupt nicht. A. MARQUARDT, Hamburg

Zeit mit Kindern verbringen

■ betr.: „Das Grinsen der Opposition“, taz vom 16. 6. 12

Sehr geehrte Frau Oestreich, Sie fragen sich, wem dieses Betreuungsgeld denn überhaupt etwas nützt – das ist ziemlich einfach. Es nützt all denjenigen etwas, die bewusst Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen – also nicht Kinder auf die Welt bringen, um sie möglichst früh extern unterbringen zu können. Ich finde es schon bedenklich, wenn mein eigenes Kind in so jungen Jahren weniger mit mir oder meiner Frau zu tun hat als mit all den anderen sogenannten Frühförderern. Auch sehe ich meine Aufgabe als Elternteil nicht alleine darin, meine Kinder abends abzuholen, abzufüttern und dann ins Bett zu stecken, für Krankheitstage da zu sein und am Wochenende mit meinen, von fremden Personen erzogenen Kindern, eine Annäherung zu finden. Für den Luxus, die Entwicklung unserer Kinder möglichst oft mitzubekommen und auch darauf einzuwirken, schränken wir uns auch gerne ein. Das Betreuungsgeld wäre hier im Ansatz eine geeignete Maßnahme. NILS DRILLER, Freiburg