Viele Dollars gegen Tausende Traumata

Im Skandal um die jahrzehntelange Misshandlung indigener Kinder zahlt Kanada Milliarden Entschädigung

Kanada zahlt den indigenen Opfern des Missbrauchsskandals in Heimen eine milliardenschwere Entschädigung. Am Dienstag gab die kanadische Regierung eine Einigung mit Opfervertretern über die Zahlung von 20 Milliarden kanadischen Dollar (rund 14 Milliarden Euro) bekannt. Weitere 20 Milliarden kanadische Dollar sollen in eine Reform des Heimsystems fließen.

„Keine Entschädigungssumme kann das Trauma wiedergutmachen, das die Menschen erlebt haben“, sagte die zuständige Ministerin Patty Hajdu. Mit der Einigung würden jedoch „der Schaden und der Schmerz“ der Überlebenden und ihrer Familien anerkannt.

Kanada arbeitet derzeit das dunkle Kapitel seiner jahrzehntelangen Politik der Zwangsassimilierung indigener Gemeinschaften auf. Ab 1874 waren rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung zu zwingen. Viele von ihnen wurden misshandelt oder sexuell missbraucht. Rund um die Einrichtungen wurden Tausende Gräber gefunden.

UN-Menschenrechtsexperten hatten von der Regierung Kanadas und dem Vatikan im Sommer umfassende Aufklärung gefordert. Premierminister Justin Trudeau hatte den Papst aufgefordert, nach Kanada zu kommen und sich zu entschuldigen. Er selbst bat um Verzeihung und ließ die Flaggen an öffentlichen Gebäuden über Monate auf halbmast wehen.

Ein Gericht hatte die Regierung 2019 dazu verurteilt, 40.000 Dollar für jedes Kind zu zahlen, das nach 2006 seinen Eltern weggenommen und zur Pflege außerhalb seiner indigenen Gemeinschaft untergebracht wurde. Ottawa bat im September ein Bundesberufungsgericht, das Urteil aufzuheben. Gleichzeitig bemühte sich die Regierung um eine Verhandlungslösung mit Opfervertretern.

(afp, dpa)