schlechtes vorbild
: Bloß keine Antifa: Pinneberg hält am Politverbot im Jugendzentrum fest

Antifaschismus entwickelt sich zum Reizwort: Da ließ der niedersächsische Innenminister vor einigen Monaten medienwirksam ein Verbot von Antifa-Gruppen prüfen. Da musste sich jüngst die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Attacken von Konservativen gefallen lassen, weil wiederum eine Bundesjustizministerin es gewagt hat, einen Beitrag für das VVN-BdA-Magazin Antifa zu schreiben. Um das Ansehen von allem, wo „Antifa“ draufsteht, steht es schlecht. Welche weitreichenden Folgen das hat, zeigt sich in Pinneberg.

Denn wer rabiat gegen An­ti­fa­schis­t:in­nen vorgeht, trifft auch noch viele weitere politische Ak­ti­vis­t:in­nen. Und in Pinneberg geht es ausgerechnet um das Jugendzentrum, das nach den WiderstandskämpferInnen Sophie und Hans Scholl benannt ist. In diesem Jugendzentrum hat die Stadtratsmehrheit um CDU und FDP seit zwei Jahren alles Politische verbannt. Einmal in der Woche trafen sich dort zuvor antifaschistische Gruppen zum „Antifa-Café“. So geht’s nicht, befand Pinnebergs parteilose Bürgermeisterin Urte Steinberg. Kurz darauf wurde Paragraf 3 der Nutzungsordnung für die städtischen Jugendeinrichtungen geändert: „Eine Nutzung der Einrichtungen für private, gewerbliche, kommerzielle, andere politische oder religionsgemeinschaftliche Zwecke ist grundsätzlich nicht zulässig.“ Wo zuvor parteipolitische Zwecke untersagt waren, sind es seither nun alle politischen Veranstaltungen. Wobei: Über Ausnahmen darf jetzt die Bürgermeisterin entscheiden.

Seither sind nicht nur Pinneberger Antifa-Kids sauer, sondern etwa auch Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen von Fridays for Future. „Es kann einfach nicht sein, dass die Bürgermeisterin allein und nach Lust und Laune entscheidet, wer in das Haus, immerhin ein Jugendzentrum, darf“, sagte Carlotta Löbner von Fridays for Future jüngst. Denn die brauchen – am 25. März ist wieder globaler Klimastreik – Räume für ihre politische Arbeit. Sie stellten deshalb kürzlich einen Antrag, um ausnahmsweise dafür einen Raum im Jugendzentrum zu bekommen – und warteten.

Bei der zuständigen Jugend­ausschusssitzung, die vorige Woche stattfand, beschwerten sie sich über eine wochenlang ausbleibende Antwort der Bürgermeisterin. „Politisches Engagement von Jugendlichen ist mir sehr viel wert. Was Fridays for Future macht, ist in meinen Augen für Pinneberg sehr wichtig“, erklärte die Bürgermeisterin laut der Lokalzeitung SHZ während der Sitzung. Die Ausnahmeregelung wurde ihnen damit erteilt.

Doch den Antrag von SPD und Grünen, das Politverbot in der Nutzungsordnung nach zwei Jahren wieder zu kippen, scheiterte. „Wir wollen, dass sich politisch engagierte Jugendliche gerade in den Jugendeinrichtungen der Stadt uneingeschränkt treffen“, erklärten sie. CDU, FDP und die sogenannten „Bürgernahen“ lehnten den Vorschlag jedoch ab.

Somit bleibt’s in Pinneberg dabei, dass politische Jugendarbeit höchstens eine Ausnahme bekommt, wenn es der Bürgermeisterin genehm ist. André Zuschlag