Alles aus einer Hand

Wer als Freiberufler allein arbeitet, hat es schwerer am Markt. Das Hamburger Projekt „Click“ berät Selbständige bei der Gründung von Anbietergemeinschaften. Vier Frauen haben sich eingelassen

von Eva Weikert

Margarete Remmert-Rieper war vorsichtig: Was konnte sie preisgeben, ohne sich zu schaden? Gab es Konkurrentinnen? „Am Anfang habe ich erst mal abgetastet, wie viel ich mitteilen kann“, berichtet die 44-Jährige.

Der Anfang – das war vor zwei Jahren, als sich Remmert-Rieper mit drei anderen Freiberuflerinnen aus der Hamburger Baubranche an einen Tisch setzte, um sich einmal fachlich über ressourcenschonendes Bauen auszutauschen. „Doch dann haben wir schnell gemeinsame Produktideen entwickelt und uns entschieden, zusammen Geld zu verdienen“, erinnert sich die promovierte Chemikerin an die Geburtsstunde von „Viva – Vereinte Ingenieurinnen, vereinte Architektinnen“. Viva ist keine Firma, sondern eine Anbietergemeinschaft – eine Kooperationsform, zu der sich immer mehr Freiberufler zusammentun.

Diese Tendenz sieht Bettina Klassen von „Weiterbildung Hamburg“. Der Verein bietet unter dem Namen „Click. Gemeinsam stark am Markt“ Beratung für Selbständige an, die kooperieren wollen. Der Bedarf ist hoch, so die Click-Projektleiterin, denn wegen des massiven Arbeitsplätzemangels entschieden sich immer mehr Joblose zur Existenzgründung. Für Freelancer sei Vernetzung überlebenswichtig: „Wer isoliert arbeitet, hat es am Markt viel schwerer.“

Zunehmend verlangten Kunden „Systemlösungen“ – sie wollen also alles aus einer Hand. Kooperationen aus Einzelbereichen hätten darum mehr Erfolg bei der Auftragsakquise. Die Anbietergemeinschaften könnten flexibler durch Vergabe von Unteraufträgen und die Bildung auftragsbezogener Subteams reagieren als Einzelkämpfer. Gegenseitig profitiert werde in puncto Know-how, Marktpräsenz, Kontakte und Feedback.

Mit Viva haben sich eine Architektin, zwei Chemikerinnen und eine Ingenieurin zusammengetan, deren Arbeitsschwerpunkt nachhaltiges Bauen ist. Zwei der Frauen haben sich aus der Not der Arbeitslosigkeit heraus selbständig gemacht. Als Freie ist jede für sich erfolgreich.

Der Anbietergemeinschaft gelinge es aber, größere und interessantere Aufträge einzuwerben, so Ingenieurin Brigitte Harste, weil kein Teilaspekt im Angebot fehle. Komplexe Aufgaben wie nachhaltiges Bauen seien in der erforderlichen Tiefe heute nicht mehr mit einer einzelnen Kompetenz zu bewältigen. „Da muss ich etwa Umweltverträglichkeit und Abfallentsorgung von vornherein mitdenken“, so Architektin Katja Fischer. „Und der Gedanke, ich schaffe das alles alleine, funktioniert in vielen Fällen nicht“, ergänzt Harste.

So ging es auch Margarete Remmert-Rieper. Sie hatte das Angebot, den Bau der Ausstellungshalle des Zentrums für zukunftsorientiertes Bauen in Hamburg beratend zu begleiten. „Ich fand die Aufgabe für mich allein ein bisschen zu groß“, so die Expertin für umweltverträgliche Baustoffe. Jetzt legt Viva die nachhaltigen Kritierien für den Hallenumbau fest. Zusammen präsentierten sie sich kürzlich zudem auf der hiesigen Solar-Ausstellung und den 1. Hamburger Bau- und Immobilientagen.

Um herauszufinden, wie sie sich gemeinsam vermarkten können, hatten die Bauexpertinnen zuvor bei Click Rat gesucht. „Die externe Moderation war nötig, um uns zu professionalisieren“, so Remmert-Rieper, „und klar zu sehen, wo wir hinwollen.“ Ziel in fernerer Zukunft könne auch die Gründung einer Firma sein, sind sich die Frauen einig.

Das Coaching durch das Click-Team, das eine Psychologin, eine Volkswirtin, eine Steuerberaterin und eine Juristin bilden, kostet 25 Euro pro Stunde. Gefördert wird die Beratung von der Hamburger Wirtschaftsbehörde und dem Europäischen Sozialfonds noch bis Ende 2006, dann müssen neue Finanziers aufgetan werden. „Ich bin zuversichtlich, dass wir Geldgeber finden“, so Klassen, seien doch Kooperation und Vernetzung „die Zukunftsthemen“.

Informationen: www.weiterbildung-hamburg.de oder ☎ 280 84 60