ausbuchstabiert
: Z steht für ziemlich billigen Populismus

Mit strafrechtlichen Konsequenzen muss man in Niedersachsen rechnen, wenn man das Z-Symbol in der Öffentlichkeit verwendet und damit Unterstützung für Putins Truppen bekundet. Das verkündete Innenminister Boris Pistorius (SPD) schon am Freitag ganz stolz – als einer der Ersten, seine Amtskollegen in den meisten anderen Bundesländern zogen erst in den Tagen darauf nach. Nun will ja bestimmt niemand in dieser Redaktion Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg rechtfertigen, aber … Ist die Fragen noch erlaubt, was speziell diese Maßnahme jetzt bringen soll? Und warum hier nun niemand „Verbotspartei“ schreit?

Aus Sicht des Wahlkämpfers bietet so ein Erlass natürlich einen guten Anlass, noch einmal mit markigen Worten zu verurteilen, was wir alle ohnehin schon die ganze Zeit verurteilen. Man kann auch sehr schön die Formulierungen „unerträglich“ und „kann doch wohl nicht sein“ unterbringen und finster gucken oder vielleicht sogar die Faust ballen. Aber vom Polit-PR-Effekt einmal abgesehen, wo und wann genau sind in Niedersachsen eigentlich weiße Zs gesichtet worden? Da bleibt das Ministerium vage. Möglicherweise löst man hier vorausschauenderweise Probleme, die am Ende keiner hat.

Rechtliche Grundlage dafür soll der Paragraf 140 Nr. 2 StGB sein. Der stellt es unter Strafe, wenn bestimmte, schwere Straftaten belohnt oder gebilligt werden, vor allem wenn dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Das ist allerdings oft nicht so ganz leicht zu beweisen und zu ahnden, wie wir nicht zuletzt bei den Coronademos gelernt haben. Bei den Ungeimpft-Sternen hat das jedenfalls nie so richtig geklappt.

Ein Z wie Zorro ist okay

Es braucht nämlich so ein paar Zutaten, damit das einigermaßen gerichtsfest wird: Eine Öffentlichkeit, die tatsächlich erkennbar gestört wird, zum Beispiel. Es darf also nicht nur so ein kleines Zeichen für Eingeweihte sein. Und auch kein schwarzes Z wie bei Zorro oder sonst irgendwelche Variationen, die andere Deutungen zulassen – der Bezug zu Putins Krieg muss ganz eindeutig auch für den unbedarften Beobachter erkennbar sein.

Und dann muss es den Einsatzkräften auch noch gelingen, Tä­te­r*in­nen aus der Menge zu pflücken und eindeutig zu identifizieren – was öfter mal unterbleibt, weil man die Lage nicht eskalieren will oder alle Hände voll damit zu tun hat, Demo und Gegendemo getrennt zu halten. Am Ende steht meist eine Geldstrafe. Man muss schon ein schwer dumm-dreister Intensivtäter sein, um hierfür in Haft zu landen.

Und was genau bringt das dann? Dürfen sich ukrainische Geflüchtete dadurch sicherer fühlen, dass ihre Feinde sich nicht mehr selbst markieren, sondern sie aus dem Nichts am Supermarktregal anpöbeln?

Wankt und wackelt die Unterstützung dieser armseligen Propaganda-Opfer für Putin, weil die deutschen Innenminister Entschlossenheit simulieren? Oder bestätigt man damit nicht viel eher ihre Auffassung, dass es mit der Meinungsfreiheit in Deutschland eben auch nicht so weit her ist, fast wie daheim?

Das ist möglicherweise der eigentliche Kollateralschaden: Das Bewusstsein, dass freie und offene Gesellschaften mehr aushalten als dumpfes autokratisches Schwarz-Weiß- und Freund-Feind-Denken. Und dass die Meinungsfreiheit – beschränkt durch ein paar sehr sorgsam zu begründende Abgrenzungen – grundsätzlich für alle gilt, auch für Arschlöcher und Vollidioten. Nadine Conti