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Wenn man statt Solidarität auf Rassismus trifft

Hannover

534.000 Einwohner.

Wenn sich Menschen in Hannover am Hauptbahnhof treffen wollen, machen sie das „unterm Schwanz“. Auf dem Platz steht ein großes Denkmal für König Ernst August hoch zu Ross.

Es ist nicht mehr als ein Meter, der einen engen Freund von mir aus dem Sudan und eine ältere Frau voneinander trennt. Wir stehen vor dem Hauptbahnhof in Hannover. Die Frau ist aus dem gleichen Grund hier wie wir: Um auf dieser Kundgebung ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine auszudrücken. Sie trägt dabei jedoch eine rassistische Papiertüte.

Darauf prangt das Logo der hannoverschen Rösterei Machwitz, die gern damit wirbt, dass es sie seit 1883 gibt – und die bisher keinen Anlass dafür sieht, ihr Logo zu verändern. Drei schwarze Menschen mit dicken, roten Lippen und Glubschaugen prangen darauf. Auch eine Petition, die etwa der Flüchtlingsrat und die Amadeu Antonio Stiftung gezeichnet haben, änderte nichts. Im Gegenteil: Die Debatte um Rassismus und den Umgang mit dem kolonialen Erbe empfindet das Unternehmen „als eine Verleumdung unserer Familie“.

Mit dieser Papiertüte steht nun die Blondine neben meinem Schwarzen Freund. Solidarität für die Menschen in der Ukraine im Kopf, Alltagsrassismus in der Hand. Ich sage nichts, weiß nicht, ob mein Freund die Tüte bemerkt hat. Mir zeigt die Situation, warum solche Symbole, Straßennamen und Worte verschwinden müssen. Selbst wenn sie nicht rassistisch „gemeint“ sind. Andrea Maestro