Risikoreicher Flaggenmarsch

Rechte Israelis ziehen durch Jerusalems Altstadt. Im letzten Jahr folgte auf den Marsch der Gaza-Krieg

Von Lisa Schneider

Es ist wieder so weit: Am Sonntagnachmittag ziehen beim umstrittene jährliche Flaggenmarsch rechte Israelis zum Jerusalem-Tag durch die Jerusalemer Altstadt. An diesem wird die Eroberung – viele Israelis sprechen auch von Befreiung – der Stadt durch die israelische Armee im Jahr 1967 zelebriert.

Bereits am Vormittag begann der Konflikt anlässlich des Marsches zu schwelen, als mindestens 2.600 jüdisch-israelische Rechte unter Polizeischutz den Tempelberg besuchten, unter ihnen der ultranationalistische Abgeordnete Itamar Ben Gvir, der immer wieder provokativ auftritt. Manche sollen Gebete gesprochen haben, was jüdischen Gläubigen auf dem Tempelberg laut dem sogenannten Status quo, der das Geschehen dort regelt, nicht gestattet ist.

In der auf dem Tempelberg gelegenen Al-Aqsa-Moschee verschanzten sich laut Polizeiangaben Palästinenser und warfen Steine und Feuerwerkskörper auf die ankommenden Israelis.

Videos in den sozialen Medien zeigen gewalttätige Ausschreitungen zwischen israelischen Demonstranten und Palästinensern, unter anderem soll eine ältere palästinensische Frau mit Pfefferspray angegriffen worden sein, Palästinenser Israelis getreten haben.

Der Chef der israelischen Polizei, Kobi Shabtai, hatte vorbereitend 3.000 Sicherheitskräfte nach Jerusalem verlegen lassen, und außerdem erhöhte Aufmerksamkeit, auch in palästinensisch geprägten Städten auf israelischem Staatsgebiet, wie etwa Lod, angeordnet.

Die israelische Zeitung Ha’aretz bezeichnet die Lage als „perfekten Sturm“, auch vor dem Hintergrund der kürzlich wohl vom israelischen Militär erschossenen palästinensischen Journalistin Shireen Abu Akleh.

Im vergangenen Jahr hatte die Terrororganisation Hamas, die den Gazastreifen regiert, den Marsch zum Anlass genommen, Raketen Richtung Israel zu feuern. Israel schlug zurück, beim anschließenden elftägigen Krieg starben 13 Menschen in Israel, darunter 2 Kinder, und 261 im Gazastreifen, darunter 67 Kinde – manche davon auch durch aus dem Küstenstreifen abgeschossene Raketen, die noch in Gaza explodierten.