Das Raumschiff hebt auf Raten ab

Das Internationale Congress Centrum (ICC) soll nicht geopfert werden, vielmehr werden für das Monstrum nun Investoren gesucht. Späterer Abriss nicht ausgeschlossen. An die Stelle der Deutschlandhalle kommt ein Neubau

Drei Szenarien waren für die Zukunft des defizitären Internationalen Congress Centrums (ICC) denkbar: Teilsanierung, Komplettsanierung oder Neubau und Abriss. Entschieden hat der Senat sich gestern für letztere Variante – auch wenn ein tatsächlicher Abriss vorerst noch nicht geplant ist. Die Landesregierung will zunächst Investoren für das ICC finden. Erst wenn das missglücke, sei ein Abriss die letzte Option, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS).

Die Entscheidung wurde auf Grundlage eines vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachtens des Architekturbüros Gerkan Marg und Partner (gmp) getroffen. Danach hätte eine technische Überholung des ICC rund 156 Millionen Euro gekostet. Dem Gutachten zufolge würde es gar mit 219 Millionen Euro zu Buche schlagen, das Kongresszentrums komplett zu sanieren. Das Hauptproblem des ICC ist, dass sich bisher nur zehn Prozent der ICC-Fläche vermieten lassen. Der Rest ist so genannte Verkehrsfläche und kostet nur Geld. Das Land muss deshalb der landeseigenen Messegesellschaft, die das ICC betreibt, jährlich 14 Millionen überweisen, damit das Kongresszentrum überhaupt wirtschaften kann.

Die vom rot-roten Senat favorisierte Lösung für das ICC-Problem sieht nun den Bau eines neuen Kongresszentrums für 63 Millionen Euro vor. Dazu muss allerdings die noch unter Denkmalschutz stehende Deutschlandhalle abgerissen werden. Sie wird derzeit fast ausschließlich für den Eissport genutzt und ist das zweite Sorgenkind, weil auch sie jährlich vier Millionen Euro Betriebskosten verschlingt.

Ein funktionaler Kongress-Neubau soll – wie das ICC – etwa 10.500 Plätze anbieten. Das ICC sollte, sobald der Neubau fertig ist, nach dem Willen des Senats an einen Investor verkauft werden. Wolf sagte, er könne sich eine „vielseitige Nachnutzung“ des ICC vorstellen. Wie sie genau aussieht, solle aber den möglichen Investoren überlassen werden. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Lisa Paus, hält die Pläne zur Nachnutzung für eine „Farce“. Dies diene lediglich dazu, den Kongressbetrieb bis dahin nicht zu stören. Es werde sich voraussichtlich kein Investor für das 152.000 Quadratmeter große Kongress-Monstrum finden. Dies sei eine Verzögerungstaktik des Senats, an dessen Ende wohl doch ein Abriss stehen werde. Der ICC-Marketingchef Wolfram Svoboda dagegen sagte: Nur ein Neubau in gleicher Größe sichere Berlin den Markt der Großkongresse. TINA HÜTTL