Der Luchsberater kommt in die Eifel

In der Eifel werden immer mehr Raubkatzen beobachtet. Nun hat die Landesregierung Fachkräfte eingestellt, die die eingewanderten Wildtiere beobachten sollen. Um eine systematische Wiederansiedlung des Raubtiers gibt es Streit

Die Eifel ist durch Straßen stark zerschnitten, er wird es schwer haben

VON TORSTEN SCHÄFER

Europas größte Raubkatze kehrt auf leisen Sohlen nach Nordrhein-Westfalen zurück. In der Eifel häufen sich die Berichte über Beobachtungen der eingewanderten Raubkatze und die Debatte um eine aktive Wiederansiedlung in Nordrhein-Westfalen wird lebendiger. Unklar ist, wie der Luchs in die Eifel gekommen ist. Im Bayerischen Wald, im Pfälzer Wald und dem Harz er angesiedelt worden. In Sachsen ist Lynx Lynx – der eurasische Luchs – aus den Karpaten eingewandert. Das geschieht nun offensichtlich auch in der Eifel.

„Luchse laufen weit. Sie können aus der Pfalz oder gar aus den Karpaten gekommen sein“, sagt Wildbiologe Manfred Trinzen von der Biologischen Station des Kreises Euskirchen in Nettersheim. Doch nichts ist sicher: Andere Experten vermuten, dass Naturfans das Pinselohr von Tiergärten bekommen und ausgesetzt haben. „Das wäre strafbar und würde mit hohen Geldbußen geahndet“, erklärt Gert Ahnert, Dezernent in der Verwaltung des Nationalparks Eifel.

Seit sieben Jahren gibt es Berichte von Eifel-Luchsen. Drei bis fünf Tiere leben im deutsch-belgischen Grenzgebiet, schätzt Trinzen. 2004 sah ein Jäger eine Mutter mit zwei Jungen. Selten sind die Berichte so präzise: „Ich saß auf dem Hochsitz gegenüber der alten Bunker. Plötzlich tauchte auf dem Beton ein Luchs auf. Er hat gerufen, ein zweiter antwortete“, erzählt Josef Krings, Jagdaufseher im belgischen Dreiherrenwald bei Eupen. „Es gibt viele Erzählungen und angebliche Spuren. Oft ist nichts dran“, sagt Manfred Trinzen.

Biologen, Umweltschützer und Nationalparkverwaltung begrüßen die Ankunft des Luchses in der Eifel, wo er 1890 ausgerottet wurde. Die Jäger sind skeptisch. „Der Luchs bleibt ein Beutekonkurrent“, betont Max Weiß, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Euskirchen. Doch der Schaden bleibt mit 60 Rehen, die ein Luchs im Jahr reißt, begrenzt, wie Weiß zugibt.

Jagdverband und Jägerschaft bezweifeln, dass die Katze bei Reviergrößen von bis zu 300 Hektar in der Eifel ausreichend Platz hat. „Die Eifel ist durch Straßen stark zerschnitten, der Luchs wird es schwer haben“, sagt Weiß. Wenn die Katze aber dauerhaft in der Eifel heimisch werde, würden sich die Jäger um seine Pflege kümmern. Max Weiß ist einer der Luchsberater, die seit dem 24. Juni unter der Federführung der Nationalparkverwaltung den Luchsspuren nachgehen sollen. Auf die Rückkehr des „europäischen Tigers“ hat die NRW-Landesregierung nicht nur mit den Luchsberatern reagiert, die auch im Sieger- und Sauerland eingesetzt werden. Im Auftrag des Umweltministeriums hat die Forschungsstelle für Jagdkunde in Bonn außerdem eine Studie erstellt, die Eifel, Ardennen und Sauerland als Luchs-Reviere ausweist.

Auch bei Arnsberg wurde die Großkatze bereits gesehen. 2002 wurde dort auf einer Luchs-Tagung über die Wiederansiedelung in NRW nachgedacht. Fachleute und Landesregierung wollen aber zunächst die Minipopulation in der Eifel beobachten. „Vor 2009 soll keine Wiederansiedelung erfolgen“ sagt Gert Ahnert, der für die Landesregierung die Luchsberater ausbildet. Was danach passiert, ist offen. Land und Nationalpark werden Ende Juni die „Initiative Luchs“ ins Leben rufen, die in der Bevölkerung schon einmal für die Katze werben soll.

Jäger sind generell gegen die aktive Wiederansiedlung von Großraubtieren in Deutschland. Die Nutzung der Landschaft habe sich seit der Ausrottung von Wolf, Bär und Luchs stark verändert, heißt es in einem Positionspapier des Deutschen Jagdschutzverbands (DJV). Nur in den Alpen würde der hohe Flächenbedarf des Luchses gedeckt. Die hohe Verkehrsdichte und der Tourismus seien Hindernisse für eine erfolgreiche Wiederansiedelung, schreibt der Verband. „Ausgesetzte Luchse, die sich nicht zuvor an die Bedingungen in der Eifel gewöhnt hätten, wären zum Tode verdammt“, sagt Andreas Schneider, Sprecher des Landesjagdverbandes NRW in Dortmund. „Nur bei einer Zuwanderung etwa aus Rheinland-Pfalz bleibt das natürliche Gleichgewicht erhalten. Aktives Aussetzen lehnen wir ab“, so Schneider.

Manfred Trinzen hält dagegen: „Es gibt keine Luchse zweiter Klasse. Egal woher sie kommen, sie sind gleich viel wert.“ Die Aachener konnten ihre Luchs-Erfahrungen schon machen: Ende Januar entkam ein Weibchen aus dem Tierpark. „Freya“ lebte im Stadtwald und ließ sich füttern. Kürzlich wurde sie tot aufgefunden. Freya wurde vermutlich überfahren.