Mehrwertsteuer auf Lebensmittel: Grüne will Fischkonsum steigern

Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina will die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abschaffen. Unverständlich ist, warum sie das auch für Fisch will.

Anna Gallina spricht vor einer grün-gelben Wand

Will auch für Fisch keine Mehrwertsteuer erheben: Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina Foto: Georg Wendt/dpa

Und nun kostet auch die Gurke im Discounter nebenan schon 69 statt wie bis vor Kurzem 49 Cent. Großverdienende mögen derzeit über rasant steigende Preise für den Neuwagen oder für das Hotel im anstehenden Sommerurlaub mosern – und natürlich auch wie viele andere über die mies hohen Spritpreise.

Dass die Kosten für Lebensmittel aber für existentielle Probleme sorgen, spüren nur Leute mit wenig Kohle. Auf vieles kann ein Mensch verzichten – auf Nahrung nun mal nicht. Drum könnte man nun jubeln: Angesichts steigender Preise setzt sich Hamburgs Justiz- und Verbraucherschutzsenatorin Anna Gallina (Grüne) für eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse ein.

„Eine ausgewogene Ernährung darf nicht an den Kosten scheitern“, sagt Gallina und will kommende Woche mit den übrigen Ver­brau­cher­schutz­mi­nis­te­r:in­nen eine Bundesratsinitiative dafür starten. Die Politik müsse „schnell, angemessen und wirksam“ gegen die steigenden Preise vorgehen.

So richtig neu ist die Idee von Gallina nicht. Auch ihr Parteikollege und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte selben Vorschlag schon kürzlich auf die Agenda gehoben. Da winkte die mit Özdemir regierende FDP natürlich schnell ab.

Weniger Fleisch, mehr Gemüse

Kann man es dann kämpferisch nennen, wenn Gallina trotzdem nicht aufgeben will und einen neuen Anlauf versucht? Vielleicht. Zwar ist es ziemlich egal, was Fach­mi­nis­te­r:in­nen auf Länderebene fordern, wenn es um Bundesgesetze geht. Und nur wenig mehr Hoffnung macht dann eine Bundesratsinitiative – es kommt selten vor, dass aus einer solchen Initiative tatsächlich ein Gesetz wird. Aber Gallina weiß das natürlich. Politisch wird der Druck ja dennoch auf den politischen Gegner erhöht.

Und sie hat ja die besseren Argumente auf ihrer Seite: Zwar profitieren von einer ausgesetzten Mehrwertsteuer dann auch Reiche. Aber es bleibt eine Aktion, die gleich zwei Vorteile mitbringt. Wenn insgesamt weniger Fleisch und stattdessen mehr Obst und Gemüse gegessen wird, ist das aktiver Umwelt- und Klimaschutz. Und durch das Aussetzen der Mehrwertsteuer hat der Staat ja tatsächlich ein sanftes Steuerungsinstrument – niemand wird also wegen eines gesetzlichen Verbots von Fleischkonsum grünen Totalitarismus an die Wand malen.

Doch Gallinas Vorschlag zufolge sollen ja nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Hülsenfrüchte, Eier, Fisch, Getreide, Milchprodukte und pflanzliche Alternativen zu Milchprodukten durch die Steuerentlastung billiger werden. Bitte was? Eine Grüne will den Konsum von Fisch ankurbeln?

Oder geht’s ihr um Aale-Dieter und Co, die hungrige Besoffene sonntagmorgens auf dem Hamburger Fischmarkt mit Bismarck-Brötchen versorgen? Nachdem Gallina einst über eine absurde Kampagne gegen sie beinahe gestolpert wäre, bei der der Verzehr von Hummer kein gänzlich randständiger Aspekt gewesen war, setzt dann doch das Kopfschütteln über ihren Vorschlag ein.

Denn warum neben dem Fisch mit Eiern und Milch auch weitere Tierprodukte ebenso begünstigt werden sollen, ist aus grüner Perspektive schlicht unverständlich. So kann man fast ein wenig dankbar sein, dass hier lediglich über einen Vorstoß auf Bundesratsebene diskutiert wird.

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Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

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