Sozialer Anstrich, aber kein Klassenkampf

Die Forderungen der SPD zu Reichensteuer und Mindestlohn werden nicht zu großen Umwälzungen führen

BERLIN taz ■ Alles nur Populismus? Vielleicht. Aber den Klassenkampf haben die Sozialdemokraten mit den bereits veröffentlichten Punkten ihres Wahlmanifests nicht ausgerufen. Die Änderungsvorschläge im Einzelnen zeigen, dass es die SPD mehr auf die Wirkung beim Wähler als auf tatsächliche Umwälzungen anlegt:

Die plakativ „Millionärsteuer“ getaufte Abgabe für Besserverdienende trifft Menschen ab einem Bruttojahreseinkommen von 250.000 Euro (Ehepaare ab 500.000 Euro). Sie sollen künftig einen Sonderzuschlag von 3 Prozent auf ihre Einkommensteuer zahlen. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sagte gestern, dass er mit Einnahmen von zirka 1,7 Milliarden rechne – damit ließe sich nicht einmal das 1,9 Milliarden Euro teure Programm für Elitehochschulen finanzieren. Zum Vergleich: Die letzte Steuersenkung der Regierung kostete den Staat 60 Milliarden Euro.

Zudem soll der erst vor kurzem auf 42 Prozent gesenkte Spitzensteuersatz nicht wieder angehoben werden. Das heißt: Für die Einkommensgruppen zwischen 55.000 Euro und 250.000 Euro jährlich würde sich durch diese so genannte Balkonlösung überhaupt nichts verändern.

Auch kleinere und mittlere Unternehmer wären durch die neue Steuer zunächst nicht betroffen, da künftig zwischen Unternehmen- und Unternehmerbesteuerung getrennt werden soll. Wer also nicht über Gebühr privat Geld aus seiner Firma abschöpft, muss die Reichensteuer nicht fürchten.

Auch beim Thema Mindestlohn plant die SPD keine wirkliche Revolution. Zunächst soll nur das bereits bestehende Entsendegesetz von der Bauwirtschaft auf andere Branchen ausgedehnt werden. Kurzfristig sollen laut SPD-Chef Müntefering lediglich die 750.000 Beschäftigten in der Gebäudereinigungsbranche in den Genuss des Schutzes vor Billiglöhnen kommen. Ein gesetzlicher Mindestlohn soll nur dort eingeführt werden, wo keine bundesweiten Tarifverträge zustande kommen. Welcher Stundenlohn künftig als vertretbar gelten soll, hat die SPD bislang aber noch nicht verraten. Er soll lediglich höher ausfallen als das Arbeitslosengeld II.

KLAUS JANSEN