Das Geschlecht der Teflonpfanne

Was wäre, wenn das Erfinderische nicht mit dem Männlichen gekoppelt wäre

Katrine Marçal: „Die Mutter der Erfindung“. Aus dem Englischen von Gesine Schröder. Rowohlt Verlag, Hamburg 2022, 304 Seiten, 22 Euro

Von Marlen Hobrack

Man könnte meinen, die größte Hürde einer Erfindung sei das Finden einer bahnbrechenden Idee. Oft jedoch scheitern Erfinder daran, ihre Idee an den Mann zu bringen. Und diese Formel muss man wörtlich nehmen, wenn es nach Autorin Katrine Marçal geht. Sie schildert in ihrem zutiefst unterhaltsamen wie erhellenden Buch „Die Mutter der Erfindung“, wie negative Gender-Stereotype den Erfolgszug nützlicher Innovationen blockieren. Negativ meint hier, dass ein Produkt als weiblich konnotiert ist.

So kam es etwa, dass scharenweise Männer lieber ihre schweren Koffer trugen, statt auf die nützliche Erfindung des Rollkoffers zurückzugreifen (ein echter Kerl wird ja wohl seinen Koffer tragen können?). So kam es auch, dass im frühen Wettbewerb zwischen Elektroautos und Benzinern der Benziner trotz offenkundiger Nachteile das Rennen machte. Und zwar, weil Elektroautos als Frauenautos galten.

Dazu muss man wissen, dass die Benziner der ersten Generation auf abenteuerliche Weise in Gang gesetzt wurden. Es gab noch keine elektronische Zündung, so musste der Motor per Kurbel gestartet werden – ein Knochenjob, für echte Kerle. Fahrer eines E-Autos konnten dagegen bequem vom Sitz aus einen Hebel betätigen – und schon fuhr das Gefährt an. Das perfekte Fahrzeug für Damen! Die ersten E-Autos wurden speziell für weibliche Bedürfnisse entwickelt: Mit extra viel Raum für die ausladenden Kleider. Das Reichweitenproblem – die damaligen E-Autos schafften mit einer Batterieladung gut 60 Kilometer – war sogar ein Vorteil. Welcher Mann will schon, dass seine Frau in der Weltgeschichte herumkurvt?

Natürlich wäre das E-Auto für beide Geschlechter sicherer und angenehmer gewesen. Denn das Anlassen mit der Kurbel konnte lebensgefährlich sein. Marçal schildert einen gruseligen Unfall, bei dem ein Mann erst seinen Kiefer und dann sein Leben verliert. Selbst das Reichweitenproblem der E-Autos relativierte sich im Vergleich zu Benzinern, die notorisch unzuverlässig waren und oft liegen blieben.

Doch das Geschlechterverhältnis hat sich umgekehrt. E-Autos werden heute häufiger von Männern gefahren. Und warum? Sie sind nicht nur teurer und damit Prestigeobjekte. Tesla machte das E-Auto zum Inbegriff des futuristischen Luxus. Elon Musks Ingenium besteht vor allem im guten Marketing.

Es geht Marçal aber nicht nur um die gendertypischen Zuschreibungen bestimmter Produkte; auch das Erfinden selbst ist unserer Vorstellung nach männlich. Erfinderisches Ingenium wird Männern zugeschrieben, zugleich werden Erfindungen von Frauen gerne verspottet oder gleich einem anderen zugeschrieben. So hält sich der hartnäckige Irrglaube, das Teflon sei in der Raumfahrtindustrie entwickelt worden. Tatsächlich stammt die Idee von der Französin Colette Grégoire. Sie machte ihren Mann, den Gründer der Firma Tefal, sehr reich.