Präsident pro Atom

VON BAHMAN NIRUMAND

Die Wahl Mahmud Ahmedinedschads zum Präsidenten wird sicherlich nicht ohne Konsequenzen für die Außenpolitik Irans bleiben. Vor allem die ohnehin ins Stocken geratenen Verhandlungen zwischen den drei EU-Staaten Deutschland, Großbritannien und Frankreich über das umstrittene iranische Atomprogramm werden neuen Belastungen ausgesetzt. Denn Ahmedinedschad verfügt über keinerlei diplomatische Erfahrung. Er ist ein radikaler Islamist, dessen Ideologie zu einem Teil aus der Feindschaft gegen den Westen, insbesondere die USA und Israel, besteht.

In seiner ersten Pressekonferenz sprach sich Ahmedinedschad zwar für eine Fortsetzung der Atomgespräche aus, beschuldigte die bisherigen iranischen Unterhändler aber zugleich einer zu „ängstlichen Herangehensweise“. Der Iran werde seine Politik der friedlichen Nutzung von Atomenergie weiterführen, sagte der künftige Präsident. Nukleartechnologie sei ein Anliegen der „gesamten iranischen Nation“.

Schon vor den Präsidentschaftswahlen wurde zwischen den Fraktionen im islamischen Lager über die Frage, wie man auf die Forderungen des Westens reagieren solle, heftig gestritten. Während die Fraktion der Reformer Kooperationsbereitschaft zeigte und immer wieder Kompromissvorschläge vorlegte, pochten die Radikalislamisten auf das Recht Irans auf Entwicklung der Atomtechnologie. Und während die Reformer und Moderaten am 25. Mai ihre bislang letzte Verhandlung mit der EU in Genf führten, beschloss das von Islamisten mit absoluter Mehrheit beherrschte Parlament, die Regierung zur Wiederaufnahme der Urananreicherung zu verpflichten. Die Regierung wurde aufgefordert, „im Rahmen des Atomsperrvertrags“ und „unter Berücksichtigung der Verpflichtungen gegenüber der Internationalen Atombehörde (IAEA), die Atomtechnologie weiterzuentwickeln und Brennelemente für 20.000 Megawatt Atomstrom herzustellen“. Am 29. Mai erteilte der ebenfalls von Konservativen besetzte Wächterrat seine Zustimmung.

Die Verhandlungen in Genf blieben ergebnislos. Immerhin aber konnten die Unterhändler ein endgültiges Scheitern verhindern. Iran versicherte noch einmal, sich auf friedliche Nutzung der Atomenergie beschränken zu wollen. Die EU-Außenminister verpflichteten sich, bis Ende Juli neue Vorschläge vorzulegen. Offenbar wollte man erst einmal das Ergebnis der Wahlen abwarten. Außenminister Joschka Fischer sprach nach der Zusammenkunft von „sehr schwierigen und komplizierten“ Verhandlungen. „Die unterschiedlichen Positionen zu überbrücken wird alles andere als einfach werden.“ Ziel der EU bleibe es, Iran zum dauerhaften Verzicht auf Urananreicherung zu bewegen, betonte Fischer.

Die USA und vor allem Israel sind davon überzeugt, dass Iran den Bau der Atombombe plant. Der israelische Außenminister Silwan Schalom forderte bei einem Treffen mit Fischer am 18. Mai eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum iranischen Atomprogramm. Es sei Zeit dafür, „bevor die Gefahr zur Realität wird“, sagte er. „Wir glauben, dass der Iran im Moment kurz davorsteht, die Bombe zu entwickeln.“

Für die Skepsis Schaloms gibt es genug Gründe. Nicht nur, dass Iran lange Zeit hindurch wichtige Teile seines Programm verschwiegen hat. Unter den radikalen Islamisten sind nicht wenige, die zwar nicht offen, aber hinter vorgehaltener Hand für den Bau der Atombombe eintreten. Iran sei rund um seine Grenzen von US-Stützpunkten umzingelt, das Land müsse sich gegen die Gefahren wehren können, argumentieren sie. Es ist anzunehmen, dass auch Ahmedinedschad zu den Befürwortern gehört.