Ex-Wäldchen liegt nun brach

Baum­be­set­ze­r*in­nen aus Flensburg haben Strafbefehle bekommen. Der BUND klagt wegen der Abholzung

Von Esther Geißlinger

Die Räumungs- und Baumfällaktion in einem Wäldchen nahe dem Flensburger Bahnhof liegt eineinhalb Jahre zurück – doch der Streit um das Gelände dauert an: Einige der Aktivist*innen, die von Oktober 2020 bis Februar 2021 in den Bäumen ausharrten, um sie vor der Abholzung zu schützen, erhielten Strafbefehle wegen Hausfriedensbruchs. Gleichzeitig laufen Klagen des BUND Schleswig-Holstein weiter.

Die Naturschutzorganisation geht gerichtlich sowohl gegen das Landesamt, das die Abholzung genehmigte, als auch gegen die In­ves­to­r*in­nen vor, die auf der Fläche ein Hotel errichten wollen. Aktuell liegt das Grundstück brach. „Ich halte den Fall für offen“, sagt Ole Eggers, Geschäftsführer des BUND-Landesverbandes. Aktuell werde ein neues Gutachten erstellt – es geht um den ökologischen Wert einer Quelle auf dem Gelände. Verzögerungen gebe es von Seiten der Stadt und der Investor*innen, berichtet Eggers: „Im Spätwinter gab es ein Angebot auf Klageaussetzung, aber zurzeit geht nicht viel voran. Für uns ist das in Ordnung, wir haben Zeit.“

Sein eigentliches Ziel hat der Verein aber nicht erreicht, nämlich das Wäldchen zu erhalten, das Fledermäusen und Vögeln Schutz bot und einen Beitrag für das Binnenklima der Stadt leistete. „Heute haben wir dort eine verwüstete Fläche“, bedauert Eggers. Auf dem Grundstück wollen lokale Investoren zusammen mit der Deutschen Hospitality Hotelgruppe ein Intercity-Hotel mit angeschlossenem Parkhaus errichten. Die Stadt Flensburg ist nicht beteiligt, der Stadtrat steht den Plänen aber mehrheitlich positiv gegenüber. Unter anderem sollen die besseren Parkmöglichkeiten das Umsteigen in die Bahn erleichtern, sagt ein Stadt-Sprecher. Auf der Homepage der Investorengruppe, hinter der eine chinesische Gruppe mit Sitz in Shanghai steht, ist das vierte Quartal 2022 als Eröffnungstermin für das Intercity-Hotel vorgesehen.

Für sehr realistisch hält Eggers das nicht: „Das Verfahren kann sich hinziehen.“ Wenn die Quelle als schutzwürdig angesehen wird, würde das den Bau auf dem Grundstück erschweren. Obwohl es rechtlich noch nicht klar ist, ob der Wald hätte gefällt werden dürfen, sollen nun die Ak­ti­vis­t*in­nen belangt werden, die dort in Baumhäusern gelebt hatten: „Zahlreiche Strafbefehle und Anklageschriften flatterten in den letzten Wochen ins Haus, wegen Hausfriedensbruchs während der Besetzung und des angeblich illegalen Aufenthalts im Wald oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im Rahmen der Räumung“, teilt die Gruppe mit. Es geht in jedem Einzelfall um mehrere Hundert Euro Strafe. Die meisten der Betroffenen würden dagegen Einspruch erheben. Einer von ihnen sagt: „Wir erwarten nichts von der Justiz, aber wir werden uns auch nicht kampflos ergeben.“