Auch Canterbury hat nun frei lebende Wisente

England startet Auswilderung des Europäischen Bisons – nicht als erstes Land

In England leben erstmals seit mehr als tausend Jahren wieder Wisente in freier Wildbahn. Ein Muttertier und zwei jüngere Kühe wurden am Montag in einem Waldgebiet nahe Canterbury im Südosten Englands ausgewildert. „Es hätte nicht besser laufen können“, sagte Mark Habben vom Wildwood Trust, der das fünfjährige Schutzprogramm leitet. „Sie warfen einen Blick zurück, sahen uns an und verschwanden dann im Wald.“

Wisente sind die größten Landsäugetiere Europas. Sie sollen dabei helfen, die ursprüngliche Natur wiederherzustellen – indem sie grasen, Rinde fressen, Bäume fällen und sogenannte Staubbäder nehmen, die den Boden im Wald aufwirbeln. Dies hilft anderen Arten bei der Schaffung von Lebensräumen. Die Wisente seien eine Art „Ökosystemingenieur“, sagte Habben. Die drei weiblichen Tiere sollen Gesellschaft von einem Bullen bekommen, dessen Ankunft aus Deutschland sich wegen der Post-Brexit-Bürokratie verzögert hat. Die Herde kann sich zunächst in einem 55 Hektar großen eingezäunten Waldgebiet bewegen, bevor ihr Lebensraum schließlich auf 200 Hektar vergrößert wird.

In freier Wildbahn starben Wisente 1927 in Europa aus. Nur durch ein komplexes Zuchtprogramm konnte die Art erhalten werden. Alle heute in Europa lebenden 5.000 Wisente stammen von 12 damals in Gefangenschaft gehaltenen Tieren ab. Wichtigstes Zentrum der Zucht war Białowieża. Dort wurden 1944 die ersten Wisente freigelassen; seitdem hat sich in dem Urwald an der polnisch-belarussischen Grenze eine einigermaßen stabile Population entwickelt. 2013 wilderte man in Deutschland 8 Wisente im Rothaargebirge aus. Die Herde ist inzwischen auf 24 Tiere angewachsen. Allerdings immer wieder zu Konflikten mit den Waldbesitzern. Sie werfen den Be­trei­be­rn des Artenschutzprojekts „illegale Freisetzung“ vor. Eine endgültige gerichtliche Klärung steht noch aus. (afp, taz)