CIA-Agenten gesucht

Italiens Justiz erlässt Haftbefehle gegen 13 Personen wegen des Verdachts der Entführung eines Imam

ROM taz ■ Der in Mailand lebende ägyptische Imam Abu Omar war am 27. Februar 2003 auf dem Weg zur Moschee, als ihn zwei Männer ansprachen. Polizisten seien sie, behaupteten sie, dann sprühten sie ihm eine Chemikalie ins Gesicht und zerrten ihn in einen Lieferwagen.

So begann eine der vielen von der CIA organisierten Entführungen im „Krieg gegen den Terror“, und sie endete wie immer: Der Entführte wurde in ein Land – in diesem Fall Ägypten – ausgeflogen, in dem man Verdächtige ungestraft foltern kann.

Doch jetzt findet die Geheimdienstaktion ein ungewöhnliches Nachspiel: Die Untersuchungsrichterin Chiara Nobili unterzeichnete Haftbefehle wegen Entführung gegen 13 CIA-Agenten. Sie rekonstruiert fast lückenlos das Geschehen. Abu Omar wurde zunächst in die US-Militärbasis Aviano im Veneto geschafft und dort einem ersten, von Schlägen begleiteten Verhör unterzogen. Dann wurde er, über den Umweg Ramstein, nach Kairo ausgeflogen, wo er monatelang in Folterhaft saß. Nach einer kurzen Periode in Freiheit im Jahr 2004 verschwand er dann endgültig.

Möglich war die Rekonstruktion aus zwei Gründen: Von Alexandria aus hatte Abu Omar 2004 von der italienischen Polizei abgehörte Telefongespräche mit seiner Frau sowie mit einem Imam in Mailand geführt; darin hatte er geschildert, wie ihn der ägyptische Innenminister direkt nach der Ankunft aufgefordert habe, islamistische Gruppen in Italien auszuspähen. Nach der Ablehnung dieses Angebots sei er dann monatelang schwer gefoltert worden. Gesundheitlich angeschlagen kam er dann frei, wurde aber – wohl weil er am Telefon zu viel geredet hatte – am 13. Mai 2004 wieder abgeholt.

Zugleich aber hinterließen auch die CIA-Leute in Mailand reichlich Spuren. Vor allem über ihre italienischen Handys konnte die Polizei detaillierte Bewegungs- und Kontaktprotokolle erstellen. Die Ermittler konnten auf dieser Basis die Luxushotels ermitteln, in denen das CIA-Team logierte, und dort Kopien ihrer Ausweispapiere abholen.

Völlig unklar bleibt die Rolle der italienischen Regierung in der ganzen Geschichte. Weder damals noch jetzt protestierte sie gegen die offene Verletzung italienischer Souveränität und italienischen Rechts durch die USA. Mehr noch: Abu Omar, der als Schlüsselfigur der radikalen Islamistenszene in Mailand galt, wurde schon intensiv von der italienischen Polizei überwacht, als die US-Geheimdienstler mit ihrem ziemlich großen Team anrückten, das von den italienischen Dauerbeschattern eigentlich kaum zu übersehen war. Die aber stellten am 10. Februar 2003 die Überwachung Abu Omars ein – genau eine Woche vor dessen Entführung.

MICHAEL BRAUN