Poofen hinter Popfassade

Zum bundesweiten „Tag der Architektur“ luden Architektenkammer und Hochschule Bremen in die Jugendherberge an der Schlachte. Architekten des Neubaus zeigten bei der Führung Liebe zum Detail

bremen taz ■ Der leuchtend gelbe Quader der neuen Bremer Jugendherberge an der Schlachte fällt schon von weitem ins Auge. „Die Farbe ist als Signalton gedacht – aber gerade bei grauem Wetter zieht die einen auch seelisch wieder hoch“ sagt Gunnar Tausch und schmunzelt. Zusammen mit seinen Kollegen Jan Läufer und Friedrich Tuczek hat der Berliner Architekt das Gästehaus aufwändig umgebaut und erweitert. Jetzt stehen die drei vor der Westwand ihres Werks, umringt von etwa 60 architekturinteressierten BremerInnen. Am Himmel kündigen tief hängende, dunkle Wolken den nächsten Schauer an, doch die Fassade glänzt unverdrossen gelb durch die Blätter der Bäume auf dem Vorplatz.

Eingeladen haben die Architektenkammer und die Hochschule Bremen anlässlich des bundesweiten „Tags der Architektur“ am vergangenen Samstag. Die neue Jugendherberge ist zu diesem Anlass nicht nur der Gastgeber für Vorträge und Ausstellungen, sondern gleichzeitig auch die Hauptattraktion der Veranstaltung. „Viele sind vor allem gekommen, um das neue Haus besichtigen zu können“, weiß Michael Frenz, Präsident der Architektenkammer Bremen. Durchaus verständlich, so Frenz: „Das Gebäude ist ein gelungenes Beispiel für bebaute Öffentlichkeit.“

Beim Rundgang um und durch das neue Haus präsentieren die jungen Berliner Architekten Tausch, Läufer und Tuczek ihren Entwurf persönlich – und mit sichtlichem Stolz. Der Auftrag ermöglichte ihnen die Gründung ihres eigenen Büros. „Und das ist ein guter Start in schwerer Zeit“, findet Gunnar Tausch. Ob es um die bis zum Boden reichenden französische Fenster geht, um die Dachterrasse, deren Holzdeck exakt mit der Gebäudekante aus Aluminium fluchtet, oder um die Fassade aus bedrucktem Glas – bei der Präsentation ist den Architekten die Liebe zum Detail deutlich anzumerken. Und ihre Freude darüber, dass sie bei diesem Projekt gestalterisch arbeiten konnten und nicht nur zweckmäßig.

„Normalerweise baut das Herbergswerk sehr preiswert, aber wegen der prominenten Lage hat die Stadt den Bau mit finanziert“, so Tuczek. Durch die aufwändige äußere Gestaltung soll das ganze Viertel optisch aufgewertet werden: „Die Jugendherberge hat die wichtige Aufgabe, das Faulenquartier zu revitalisieren“, ergänzt Architektenkammer-Präsident Frenz.

Im Inneren fällt die neue Herberge allerdings nicht ganz so großzügig aus, wie das schicke Äußere vermuten lässt. „Wie kriegt man möglichst viele Räume zur Weser hin orientiert“, fasst Tausch den Grundgedanken der Gestaltung zusammen. Außerdem sollten alle Zimmer eigenes Bad und Toilette erhalten. Da wird Platz knapp: Die Vierer-Zimmer des Bremer Neubaus liegen mit unter 20 Quadratmetern im Rahmen des beengten Standards für Jugendherbergen. Dafür sind wenigstens die Fenster größer. Die wenigen Betriebswochen seit der Neu-Eröffnung haben bereits sichtbare Spuren des Alltags in dem schmucken Bau hinterlassen: Riefen durchziehen bereits den Lack der Treppengeländer, Glastüren tragen Fingerabdrücke. Eine Jugendherberge ist eben in erster Linie dazu da, um bewohnt zu werden. Selbst wenn sie nebenbei noch ein Schmuckstück der Stadt ist.

Peter König

Ausstellungen mit Arbeiten von StudentInnen der Hochschule noch bis 5. Juli in der Jugendherberge an der Schlachte, Ecke Kalkstraße