Bremer Feuerwehr: Notruf nur, wenn’s wirklich brennt

Rund 200 Mitarbeiter fehlen der Feuerwehr in Bremen. Die Arbeit der Einsatzkräfte wird immer belastender – nun wenden sie sich an Politik und Bürger.

Mehrere Feuerwehr- und Polizeiwagen beim Einsatz in Bremen

Ein Großeinsatz könnte wegen des Personalmangels bei der Bremer Feuerwehr sehr kritisch werden Foto: Sina Schuldt/dpa

Man stelle sich vor, es bricht ein Brand im Bremer Hafen aus: Dann hätte die Bremer Feuerwehr derzeit deutlich zu wenige Einsatzkräfte, um die notwendigen Sonderfahrzeuge zu besetzen. Ersatzfahrzeuge aus anderen Städten oder von der Freiwilligen Feuerwehr wiederum bräuchten deutlich länger, um den Einsatzort zu erreichen.

Den Personalmangel bei der Bremer Feuerwehr spürt Frank Müller* jeden Tag. Er ist Berufsfeuerwehrmann und Rettungssanitäter in der Bremer Innenstadt und möchte aus beruflichen Gründen anonym bleiben. „Es kommt oft vor, dass wir in einer Zwölf-Stunden-Schicht zwölf Einsätze fahren müssen. Mehr ist nicht möglich“, sagt Müller gegenüber der taz. Nicht einmal zum Essen bleibe ihm an manchen Tagen die Zeit.

Die Belastung von Feuerwehr- und Rettungskräften hat in Bremen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Rund 200 Stellen sind unbesetzt, die Einsatzkräfte sind darum an manchen Tagen im Dauereinsatz. Feuerwehrmänner und -frauen, die eigentlich für Löschfahrzeuge eingeteilt sind, müssen im Rettungsdienst aushelfen. Viele Sonderfahrzeuge sind nicht besetzt.

Das sorgt für Unmut bei den Feuerwehrkräften. So sagte ein anonymer Feuerwehrmann bei „buten un binnen“, die Sicherheit der Bürger und Einsatzkräfte sei nicht immer gewährleistet. Frank Müller ist anderer Ansicht: „Dass es des Öfteren zu einer Gefahr für die Einsatzkräfte kommt, habe ich so nicht erlebt. Die Fahrzeuge, die wir für den täglichen Einsatz brauchen, sind meistens voll besetzt.“ Dennoch sieht er dringend Handlungsbedarf.

Bessere Kommunikation nötig

Eine Sprecherin des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) bestätigt auf taz-Anfrage, dass die Bremer Feuerwehr derzeit nicht all ihre Aufgaben erfüllen kann. Es seien aber bereits 58 neue Stellen geschaffen worden, um dem Problem entgegenzuwirken. „Das ist nicht ausreichend“, sagt Müller. „Die Leitstelle hat einen großen Personalbedarf und die Fachabteilungen ebenso. Die Ausbildungslehrgänge müssen auf jeden Fall mit 32 Personen pro Jahr laufen – mindestens.“

Für die Ausbildung müsste allerdings wiederum Personal aus der täglichen Arbeit abgezogen werden. Der innenpolitische Sprecher der CDU Bremen, Marco Lübke, fordert deshalb zusätzlich eine verstärkte Anwerbung von ausgebildeten Feuerwehrkräften aus umliegenden Regionen, etwa aus Niedersachsen. Der Beruf müsse außerdem finanziell attraktiver werden.

Kritik übt Lübke vor allem am Innensenator. Dieser verstecke sich zu sehr hinter der Coronapandemie: „Wenn morgens nur ein, zwei Prozent der Kolleginnen und Kollegen in Corona-Quarantäne sind und Herr Mäurer abends im Fernsehen erzählt, der Personalmangel läge am Krankenstand oder den Urlaubsreisen der Feuerwehrleute, dann ist das weder respektvoll noch Tatsache.“ Der Personalmangel sei ein Ergebnis der jahrelangen Sparpolitik Mäurers.

Feuerwehrmann Müller fordert eine bessere Kommunikation der politisch Verantwortlichen: „Wir würden uns wünschen, dass wir auch von den Verantwortlichen direkt aufgeklärt werden, warum manche Entscheidungen so getroffen werden. Stattdessen erfährt man das meiste aus der Presse.“

Müller fordert nicht nur politische Veränderungen. Auch bei den Bürgern müsse ein Umdenken her. Die Hemmschwelle, den Notruf zu wählen, sei zu niedrig: „Wenn jemand 38 Grad Temperatur hat, wird manchmal schon der Notruf gewählt. Das sind Einsätze, die vollkommen unnötig sind. Wenn diese Einsätze wegfielen, dann wäre die Belastung für uns auch nicht so hoch.“

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