wortwechsel
: „You never walk alone“? You never pay alone …

Die Gaspreise könnten viele Haushalte in die finanzielle Katastrophe treiben. Die Umlage und die Krisenpolitik der Ampel treffen auf viel Kritik. Soziale Gerechtigkeit? Fehlanzeige

Es war einmal? Der beste Freund in klirrender Kälte   Foto: Wolfgang Maria Weber/TV

„Einführung der Gasumlage: Viel Lärm um das kleinere Problem. Die Gasumlage mit 2,4 Cent ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Sobald Preisgarantien auslaufen, steigt der Preis um ein Vielfaches“,

taz vom 16. 8. 22

Wer rettet wen?

Wieso sollten die Bürger nun Unternehmen retten? Wurden die Bürger denn umgekehrt an den Gewinnen der Gasimporteure beteiligt, als es gut lief?

Das unternehmerische Risiko ist Privatsache. Eine „Rettung“ sollte, wenn überhaupt, mit staatlichen Mitteln zwischen­finanziert werden, die dann sukzessive ­zurückgezahlt werden müssen, wenn das Geschäft wieder normal läuft. Schließlich muss jedes Unternehmen ja auch Rücklagen bilden – das ist nicht Sache der Bürger! S. Schumacher, Karlsruhe

Dubiose Entlastung

Wenn die Regierung auf eine hohe geldliche Belastung zusätzlich noch 7 Prozent statt 19 Prozent Mehrwertsteuer obendrauf knallt, dann nennt sie diese Aktion großspurig eine Entlastung für die Bürger und Bürgerinnen.

Wie immer soll und muss der „kleine Mann, die kleine Frau“ dieses politische Versagen ausbaden! Wer auch sonst?

Die Großkonzerne scheffeln lustig weitere Milliardengewinne ein und der traurige Rest im Lande geht im knappen Gut Wasser baden oder gleich darin unter!

Riggi Schwarz, Büchenbach

Die Mehrwertsteuerfalle

Die verkündete Mehrwertsteuerabsenkung auf 7 Prozent sei „ein dringend benötigter Anfang“, lese ich in der taz. Dem ist voll umfänglich zu widersprechen.

Ihr Kommentator verkennt wesentliche Zusammenhänge: Bei der aktuellen Energiekrise müsste der Anspruch zukunftsgerecht-progressiver Politik darin bestehen, zwei zentrale Kriterien gleichzeitig zu erfüllen: erstens die Lastenverteilung sozial gerecht bei Aufrechterhaltung preislicher Anreize zum Energiesparen zu gestalten. Und zweitens sollte die öffentliche Hand sich die Mehreinnahmen sichern, die für Entlastungen und zusätzliche Investitionen in den Wohnungsbau, in die Anpassung an die Klimakrise, in die Behebung des Pflegenotstandes benötigt werden.

Würde es der Ampel darum gehen, die finanzielle Stützung von Gaslieferanten auf eine sozial gerechte Weise vorzunehmen, müssten die Mittel aus dem Bundeshaushalt aufgebracht werden – mit Refinanzierung durch die Abschöpfung der teilweise obszönen Windfall-Profite bei etlichen Energieunternehmen.

Der Ruf nach Entlastung durch Mehrwertsteuerabsenkungen ist aus der Per­spektive des Erhalts staatlicher Handlungsfähigkeit höchst problematisch. Es kommt nicht von ungefähr, dass in den skandinavischen Ländern, wo der Wohlfahrtsstaat besser ausgebaut ist als in Deutschland und die Einkommensungleichheit zugleich geringer ausfällt, die Mehrwertsteuersätze üblicherweise (Schweden, Dänemark, Norwegen) bei 25 Prozent und sonst (Island, Finnland) bei 24 Prozent liegen. Cornelia Heintze, Leipzig

Wem ist der Preis egal?

Liebe taz, Sie schreiben: „Tatsächlich scheint vielen Eigenheimbesitzern der Gaspreis immer noch ziemlich egal zu sein. Zwar hat die Nachfrage nach elektrischen Wärmepumpen zuletzt stark zugenommen. Doch im ersten Halbjahr 2022 machten Gasheizungen noch immer den Großteil aller neu eingebauten Heizungen aus. Das ist völliger Irrsinn.“

Ich bin Teil einer Eigentümergemeinschaft, die beinahe Anfang des Jahres von Öl auf Gas umgestellt hätte. Dies aber nicht, weil wir dumm, verantwortungslos oder reich wären, wie Sie es suggerieren. Solche Entscheidungen ziehen sich zwangsläufig über Jahre! Unsere Ölheizung muss ausgetauscht werden.

Bis vor Kurzem kamen Wärmepumpen für nicht gedämmte Häuser nicht in Frage und Gas wurde gefördert! Es wäre schön, wenn Sie zu diesem Thema etwas differenzierter schreiben würden.

Name ist der Redaktion bekannt

„Geringere Mehrwertsteuer auf Gas: Der Preis bleibt heiß“, taz vom 18. 8. 22

Der unverschämte Markt

ich beziehe seit jahren biogas, das aus den abfällen der zuckerfabrik, gülle aus mehreren stallungen und nur zu einem geringen anteil aus mais erzeugt wird. es ist einiges teurer als das putin-erdgas, und ich wurde immer belächelt deswegen.

wenn nun diese leute aufjaulen, weil ihr erdgaspreis in die höhe schnellt – von den oberspekulanten bei gewissen gashändlern ganz zu schweigen – und sie nun von mir fordern, ich solle sie über die gas­umlage unterstützen, finde ich das – gelinde gesagt – unverschämt. vom viel zitierten markt, der alles richten wird, ist auf einmal nichts mehr zu hören.

Friedrich Thorwest, München

Essen und Wohnen

Wie sagte so schön unser offensichtlich ein wenig dementieller Bundeskanzler (massive Erinnerungslücken bezüglich seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister) angesichts der immensen Belastung der Bür­ge­r*in­nen für die Rettung von Energieunternehmen: „You never walk alone!“ Natürlich nicht! Und vor allem „You never pay alone!“ Millionen Menschen in Deutschland werden sich ihr Leben in Zukunft nicht mehr leisten können. Auch wenn wir uns Essen und Wohnen, insbesondere in geheizten Wohnungen, nicht mehr leisten können, sollten wir zuversichtlich bleiben. Denn sicher ist und bleibt, dass uns die (geretteten) Konzerne des Marktes weiterhin so vehement über den Tisch ziehen werden, dass die dadurch generierte Reibung uns wohlige Wärme an kalten Tagen verschaffen wird.

Helmut Malmes, Stolberg

Genossenschaften!

„Kosten der Energiekrise: Umlage auch für profitable Konzerne“, taz vom 19. 8. 22Es kann nur ein energiepolitisches Ziel geben – macht euch unabhängig von den Konzernen. Gründet Energie-Genossenschaften, damit werdet ihr unabhängig. Investiert gemeinsam in regenerative Energietechnik! Sonnenhaus auf taz.de

@Sonnenhaus Wenn das so einfach wäre … Wir haben es bei uns im Dorf versucht – ein Nahwärmenetz nach dänischem Vorbild, mit Freiflächen-Solarthermie, Hackschnitzeln und Energiegenossenschaft, das volle Programm. Wir hatten auch genügend Interessenten im Dorf. Aber wir sind an diskriminierenden Gesetzen und fehlender Unterstützung durch das Bundesland gescheitert. Damals war Habeck hier bei uns Minister! Der Arm der fossilen Lobby ist lang und reicht bis tief in die Gesetzgebung und allemal bis hin zum angeblich klimabewussten Minister. Damals riet man uns übrigens zum Einsatz von Erdgas für unser Nahwärmenetz – weil es keine ausreichende Förderung für Freiflächen-Solarthermie gab. Neu_Mann auf taz.de

Absolute Zwangslage?

Wir stecken energetisch in einer Zwangslage. Trotzdem Strukturverbesserungen zustande zu bringen, soll und muss die Aufgabe sein. Nicht die vordergründig diskutierte Gasumlage ist das Problem, sondern die Gas- und Strompreissteigerungen um die Faktoren zwei bis vier. Werden die Lindners und Sloterdijks sich zur Stützung der Bedürftigen überwinden oder sich gerechtigkeitshalber mit der viel teureren Forderung nach Entlastung aller durchsetzen? Kurzfristig müssen Gesellschaft und Wirtschaft funktionsfähig bleiben. Genauso kurzfristig fordert der Klimawandel die CO2-Reduktion.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

Gas-Tank-Rabatt 2.0

Das Fummeln mit der Mehrwertsteuer ist nichts anderes als ein Gas-Tank-Rabatt 2.0. Emil Schramm, Berlin