Neues von der Straße

Lobby gegen Ausgrenzung und für bessere Lebensbedingungen in den Zeiten von Hartz IV: VerkäuferInnen von Obdachlosenmagazinen konferieren in Hamburg

„Ich hoffe, dass wir viel Spaß haben und was gebacken kriegen!“ Unter Applaus setzt Monika Bender sich wieder in den Kreis der Bierbänke. Platz genommen haben bereits rund 50 VerkäuferInnen von Straßenmagazinen aus der ganzen Republik. Ihr fünftes bundesweites Vernetzungstreffen ist offiziell eröffnet.

Bender, die vor acht Jahren infolge einer Erkrankung aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden und seitdem arbeitslos ist, fungiert mittlerweile als Vertreterin der StraßenverkäuferInnen im Bundesverband Soziale Straßenzeitungen. Noch bis Sonntag wird sie mit ihren KollegInnen Erfahrungen austauschen und über die Folgen von Hartz IV diskutieren. Am Ende des Kongresses sollen dann Nachbesserungsvorschläge und Forderungen in Richtung Berlin verabschiedet werden. „Es gibt Frauenbeauftragte und Behindertenbeauftragte“, sagt Bender. „Wir wollen außerdem einen Beauftragten für Wohnungslose.“

Doch nicht alles lasse sich auf Bundesebene regeln. So entscheiden über die Anerkennung des Magazinverkaufs als 1-Euro-Job die Bundesländer. In Hamburg habe sich durch Hartz IV wenig geändert für die VerkäuferInnen, erläutert Bernhard Proksch, Amtsleiter in der Wirtschaftsbehörde. Ihr Erlös, im Monat durchschnittlich 133 Euro, werde BezieherInnen von Arbeitslosengeld II nicht angerechnet, der Heftvertrieb unbefristet als 1-Euro-Job definiert.

Dagegen weiß Michael Ruhl, seit acht Jahren Verkäufer des Münsteraner Magazins draußen, von einem Kollegen, der unlängst einen anderen 1-Euro-Job annehmen musste. Das Problem sei, so Ruhl, „dass es im Ermessen der Sachbearbeiter liegt, ob sie unsere Arbeit anerkennen.“ Durch die gemeinsame Lobbyarbeit hofft er auf eine einheitliche Regelung.

Die Stimme der StraßenverkäuferInnen, den „Bundesverband regionaler Straßenzeitungen von und für Menschen in sozialer Not – Soziale Straßenzeitungen e. V.“ gibt es seit April 2000. Basis dieses Zusammenschlusses war das bereits vor Jahren getroffene Abkommen, nicht in die Vertriebsgebiete anderer Zeitungen einzudringen. Eigentliche Aufgabe ist es jedoch, eine Öffentlichkeit für die sozial benachteiligten Menschen zu schaffen und mehr Einfluss auf politischer Ebene zu nehmen. Mittlerweile sind 22 der bundesweit 40 Magazine im Verein zusammengeschlossen, die eine Auflage von rund 250.000 erreichen – Tendenz steigend.

„Die Rahmenbedingungen für Obdachlose haben sich in den letzten Monaten und Jahren verschlechtert“, muss jedoch Gabi Brasch vom Diakonischen Werk feststellen, das das Hamburger Magazin Hinz und Kunzt mitherausgibt. Umso wichtiger sei das Engagement der Magazine, das vielen Wohnungslosen wieder eine Perspektive eröffnet.

Swantje Unterberg