Russlands Fußball in Kriegszeiten: Zwitschern aus Bischkek

Bei der Suche nach einem Gegner wird die russische Fußball­nationalmannschaft in Kirgistan fündig. Aus der Partie gegen den Iran wird erstmal nichts.

Ein verunglücktes Kopfballduell ziwschen dem russischen und dem kirgisischen Spieler

Kopfballduell mit Kreisligaanmutung: Sergei Borodin (r.) und Mirlan Murzajew im Luftkampf Foto: SNA/imago

Viele werden es nicht gemacht haben. Aber wer am Samstagnachmittag den Twittereien der russischen Fußballnationalmannschaft gefolgt ist, der hätte glatt meinen können, die Zeit der Sportsanktionen gegen Russland sei vorbei. Die Auswahl, die von der europäischen Fußballunion gerade erst von der EM-Qualifikation für das Turnier 2024 in Deutschland ausgeschlossen worden war, hat tatsächlich gespielt.

Und wie es sich gehört, wurden Aufstellungen, die Tore, ein paar wichtige Szenen, Videos vom Trikottausch und Bilder von Autogrammjägern in die Welt gezwitschert. Am Ende bedankte sich das Social-Media-Team der Auswahl noch bei der Gastgeberstadt Bischkek: „Auf Wiedersehen!“

Mit 2:1 hat Russland gegen die Auswahl von Kirgistan gewonnen. Es muss ein grauenhaftes Spiel gewesen sein. Zu dem Urteil musste kommen, wer nur die Tweets gelesen hat. „Das Spiel verlagert sich in die gegnerische Hälfte, ohne dass es zu gefährlichen Situationen kommt.“ Nach dem Spiel musste Nationaltrainer Waleri Karpin so tun, als wäre es das Normalste der Welt, in den Tagen, in denen alle anderen europäischen Fußballnationen in der Nations League um Punkte spielen, gegen den 95. der Fifa-Weltrangliste ein Testspiel auszutragen. „Viel ist uns nicht gelungen, aber insgesamt können wir zufrieden sein“, sagte er.

Schwierige Gegnersuche

Immerhin ist es seinem Verband gelungen, mal wieder einen Gegner aufzutreiben. Das ist nicht allzu einfach für die Russen seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine. Vor zwei Wochen wurde die Meldung, dass Bosnien-Herzegowina gegen Russland spielen möchte, gefeiert, als sei Russland die Rückkehr in die europäische Fußballfamilie gelungen. Mittlerweile glaubt kaum mehr jemand, dass das Spiel stattfinden wird. Zu groß sei die Kritik in Europa am bosnischen Verband.

Auch aus dem bereits angekündigten Spiel gegen den Iran wird wohl nichts. Russland hatte sich als WM-Vorbereitungsgegner angedient und wäre gerne zum Diktaturenderby nach Teheran gereist. Doch zum Zeitpunkt des geplanten Spiels befindet sich Irans Auswahl bereits in Katar. Dahin sollen die Russen aber nicht kommen.

Im nichtrussischen Europa hat man sich an die Abwesenheit der Russen längst gewöhnt. Niemand würde behaupten, der Sieg in einem europäischen Wettbewerb sei weniger wert, weil russische Mannschaften nicht dabei gewesen sind. Wie sehr den Russen internationale Spiele fehlen, lässt sich schwer sagen. Tweets der Sbornaja dazu wären gewiss spannender als es die vom Spiel gegen Kirgistan waren.

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