das wird
: „Bringt uns eure Eintritts­karten“

Die Uni Hamburg sammelt Musikgeschichten aus der Nach­ba­r:in­nen­schaft

Foto: N Steffen

Thorsten Logge

48, Junior­professor für Public History an der Uni Hamburg.

Interview Marco Fründt

taz: Herr Logge, was ist das Temporary History Lab?

Thorsten Logge: Es ist eine Art vorübergehende Geschichtswerkstatt zum Thema Musik­kulturen im Hamburg der 1970er- und 80er-Jahre.

Was ist eine Geschichtswerkstatt?

Geschichtswerkstätten kümmern sich um die Lokalgeschichte eines Ortes, eines Viertels, einer Nachbarschaft und erforschen sie gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern. Sie übernehmen die Aufgabe, Geschichte für Gegenstände, Orte und Personen zu schreiben, die von der Geschichtswissenschaft vernachlässigt werden.

Wozu?

In vielen Städten ist es wichtig, die Geschichte der eigenen Umgebung, des eigenen Stadtteils zu kennen, auch um zu verstehen, wie die Leute in meinem Viertel sind, wie Strukturen sind, wie die Gesellschaft funktioniert. Gerade in einer Stadt wie Hamburg, in der Gentrifizierung eine große Rolle spielt. Das Interesse an der eigenen Vergangenheit kann auch genutzt werden, um politisch aktiv zu werden und ein größeres Verständnis dafür zu entwickeln, warum soziale Bewegungen vielleicht nötig waren und wie sie sich weiterentwickelt haben.

Wie erforscht man die Musikgeschichte einer Stadt?

Im Hauptgebäude der Uni Hamburg, Sonderöffnung zur Objektannahme nach Anmeldung: unimuseum@uni-hamburg.de, 6. 10., 12–20 Uhr

Wir fragen: Was interessiert die Stadt und was ist dort eigentlich an Quellen vorhanden? Wir bitten die Leute: „Bringt uns eure Eintrittskarten, Plakate, Tagebucheinträge, Fotos, was auch immer ihr habt. Und bringt uns auch eure Fragen.“ Dann schauen wir, wie man daraus Forschungsprojekte generieren kann. Manche haben auch Klamotten vorbeigebracht, weil sie damit in der Musikszene unterwegs waren. Die zeigen wir dann auch so.

Wodurch zeichnet sich die Hamburger Musikgeschichte aus?

In der Hamburger Musik spielte Migration immer eine große Rolle – Udo Lindenberg ist ein Zugewanderter, fast die ganze Hamburger Schule war zugewandert. Dazu kam in Hamburg die Möglichkeit, Freiräume kreativ zu nutzen. Bunker, die umfunktioniert wurden und nicht mehr die von Zwangs­ar­bei­te­r:in­nen erbauten Fluchträume für die Deutschen waren, wurden plötzlich zu Keimzellen für neue Musik.