Migrantenfeindliches Zünglein an der Waage

In Neuseelands Wahlkampf fordert potenzieller Mehrheitsbeschaffer Bürgerwehr gegen „unerwünschte“ Einwanderer

WELLINGTON taz ■ Wenige Monate vor den Parlamentswahlen nimmt in Neuseeland die Debatte über Einwanderung extreme Formen an. Winston Peters, Führer der rechtskonservativen Partei New Zealand First (NZ First), schlägt vor, im Kampf gegen vermeintliche „Missbräuche“ der Einwanderungspolitik eine „Einsatztruppe patriotischer Neuseeländer“ aufzubauen. Diese Bürgerwehr solle „die Arbeit der staatlichen Einwanderungsbehörden überwachen“ und „unerwünschte“ Immigranten aufspüren.

Peters’ Vorschlag folgt Meinungsumfragen, nach denen weder die regierende Labour Party unter Premierministerin Helen Clark noch die oppositionelle Nationalpartei unter Don Brash bei den Wahlen mit einer absoluten Mehrheit rechnen können. Die siegreiche Partei müsste also auf eine Koalition mit NZ First oder einer anderen Rechtspartei eingehen. Die heutige Regierung ist eine Koalition zwischen Labour, der Progressiven Koalitionspartei sowie zwei kleineren Parteien, unter ihnen die Grünen. Der Termin der Wahlen für das 120-sitzige Einkammerparlament steht noch nicht fest, wird aber für September oder Oktober erwartet.

Weder Premierministerin Clark noch Oppositionsführer Brash schließen die Möglichkeit einer Koalition mit NZ First aus. Dabei hatte Clark Peters in der Vergangenheit vorgeworfen, die Gesellschaft spalten zu wollen. Brash meinte, Labours Einwanderungspolitik sei zwar schlecht, trotzdem sei er gegen eine „Gestapo-ähnliche Einsatztruppe“. Wellington nimmt Peters aber ernst: Die Regierung kündigte schon am Tag nach seinem Vorschlag an, Fahnder einzusetzen, um Missbräuche der Einwanderungspolitik aufzudecken.

Mit 4 Millionen Einwohnern und starker Abwanderung – 600.000 Neuseeländer leben im Ausland – ist das Land stark auf Einwanderung angewiesen. Neuseeland bietet jedes Jahr zehntausenden Menschen aus aller Welt eine neue Heimat – seien es Flüchtlinge, reguläre Einwanderer oder reiche Geschäftsleute. Nicht alle „Kiwis“ begrüßen die Neuankömmlinge. In den letzten Jahren führte der Zustrom wohlhabender Asiaten zu einer deutlichen Erhöhung der Immobilienpreise. Auch auf dem Land explodieren jetzt die Bodenpreise. Dafür ist in erster Linie die Angst vor Terrorismus und einer Atomkatastrophe verantwortlich. Denn aus Angst kaufen immer mehr wohlhabende Amerikaner in Neuseeland große Grundstücke, auf die sie sich im Fall eines Krieges zurückziehen wollen. URS WÄLTERLIN