„Wie hat Liebe eine Chance?“

Volkmar Clauß über die Deutschlandtournee einer arabisch-hebräischen „Romeo und Julia“-Inszenierung

Foto: Goethe-Institut Israel

Volkmar Clauß

1942 geboren in Meißen, war Dramaturg, Regisseur, Intendant und Direktor unter anderem am Schiller-Theater Berlin.

Interview Matthias Propach

taz: Herr Clauß, welche Verbindungen haben Sie zum Jaffa-Theater in Tel Aviv?

Volkmar Clauß:Ich bin seit ungefähr 30 Jahren regelmäßig in Palästina oder Tel Aviv. Das kleine Theater ist mir ans Herz gewachsen. Ich habe es bereits 2015 für ein Gastspiel nach Deutschland geholt mit einer zeitgenössischen politischen Aufführung. Und jetzt habe ich mich entschieden, eine Deutschlandtournee mit „Romeo und Julia“ zu arrangieren.

Warum ausgerechnet dieser Stoff?

Das Stück ist eine hoch interessante Geschichte: Die Familien Capulets und Montagues sind zwei zerstrittene Familien. Dies von Palästinensern und von Juden spielen zu lassen – und das in Israel –, ist ein heißes Thema. Es gibt ganz, ganz wenig kulturelle Kooperation zwischen beiden Seiten.

Was zeichnet diese neue Inszenierung aus?

Die Inszenierung dokumentiert nicht im Sinne des Agitationstheaters politische Standpunkte, sondern übernimmt den Shakespeare-Text komplett in einer zeitgenössischen Sprache und einer deutschen Übersetzung. In der Inszenierung werden die Figuren auf beiden Seiten gezeigt, mit ähnlichen Problemen der Unfähigkeit zu einem Kompromiss. Wie hat Liebe eine Chance gegen die sie umgebende Gewalt, wenn die auf beiden Seiten auftritt? Das ist des Thema des Stückes – und dieser Thematik sind Juden und Palästinenser in dieser Region täglich ausgesetzt.

Das Gastspiel geht auf eine kleine Deutschlandtournee, aber nur in kleinen Städten.

Romeo und Julia (Regie: Dori Engels, in arabischer und hebräischer Sprache mit deutschen Übertiteln): Di, 18. 10., 20 Uhr, Celle, Schlosstheater/Halle 19

Ich besuche meist so mittelgroße bis kleinere Bühnen, deren Leitung interessiert sind an der Thematik – und neugierig auf andere Kulturen.

Haben größere Häuser, etwa in Bremen oder Hamburg, kein Interesse?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass kleinere bis mittlere Bühnen leichter eine Atmosphäre des Kennenlernens schaffen unter den deutschen Schauspielern, den Palästinensern und den Israelis beziehungsweise Juden. Und dass man im Rahmenprogramm wesentlich besser zusammenkommt, um über Probleme, auch politische, zu diskutieren, was an ganz großen Bühnen schwieriger ist.