Vom Chipmangel zur Nachfrageschwäche

Kaum hat die Autoindustrie eine Herausforderung gemeistert, steht sie schon vor der nächsten

Nach monatelangen Lieferschwierigkeiten insbesondere bei Halbleitern verkauft die Autoindustrie wieder mehr Fahrzeuge. 224.816 Neuzulassungen verzeichnete die Branche im September, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Donnerstag mitteilte. Das waren rund 14 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Der monatelange Rückgang bei den Auslieferungszahlen ist somit vorerst gestoppt. „Möglicherweise sehen wir hier eine Trendwende“, teilte Branchenexperte Peter Fuß von der Beratungsgesellschaft EY am Donnerstag mit. „Das Vorkrisenniveau ist nicht mehr so weit entfernt wie noch im ersten Halbjahr, der Chipmangel scheint langsam an Relevanz zu verlieren.“ Fuß geht davon aus, dass sich die Situation im Laufe des Jahres weiter erholen wird. Auch Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sprach am Donnerstag von einer Trendwende, sieht allerdings neue Probleme. Die Autoproduktion von Mai bis August sei um 21 Prozent höher als im Vorjahr – aber jetzt hielten sich Käufer wegen Inflation und drohender Rezession zurück. „Ein Kippeffekt von einer Angebotsknappheit in einen Kundenmangel zeichnet sich immer stärker ab.“ Diesen Effekt hatte vor wenigen Wochen auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) beschrieben und seine Absatzprognose für das laufende Jahr erneut nach unten korrigiert. Inzwischen geht der Verband für 2022 nur noch von 2,5 Millionen Neuzulassungen in Deutschland aus, ein Rückgang von 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach einigen schwächeren Monaten bleibt die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen weiter hoch. Laut KBA kamen im September rund 44.400 Batterie-­Autos neu auf die Straßen und damit knapp 32 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Inzwischen verfügt fast jeder fünfte Neuwagen über einen reinen Elektro­motor. Zwischen Januar und September wurden laut ­Stefan Bratzel, Gründer des ­Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, fast 272.500 Elektrofahrzeuge neu zugelassen, 15 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Allerdings sei der Markthochlauf nach wie vor stark von „Förder- und Regulationskulissen“ geprägt. (dpa)