Friedrich Merz kann keine Fehler entdecken

Der CDU-Vorsitzende schiebt die Ursachen der verlorenen Niedersachsen-Wahl auf landesspezifische Gründe. Tatsächlich befände sich die Partei im bundespolitischen Aufwind. Parteimanager Hennewig muss das Adenauer-Haus verlassen

Von Sabine am Orde

Als CDU-Chef Friedrich Merz am Montagmittag nach der Sitzung des Bundesvorstands gemeinsam mit Bernd Althusmann vor die Presse tritt, darf erst einmal der Gast aus Hannover sprechen. Das ist ungewöhnlich, meist ergreift der Hausherr zuerst das Wort. Aber Althusmann, gescheiterter Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Niedersachsen, übernimmt die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der CDU. Man sei mit eigenen landespolitischen Themen kaum durchgedrungen, sagt er. Und dass sich die Menschen eben in Krisen hinter dem Ministerpräsidenten versammeln würden. In diesem Fall war das Stephan Weil von der SPD. Auch Merz betont, dass es sich „in erster Hinsicht um eine Landtagswahl“ gehandelt habe.

Dass die CDU versucht hatte, die Wahl quasi zur Abstimmung über die Krisenpolitik der Ampelregierung in Berlin umzufunktionieren, davon ist plötzlich keine Rede mehr. Auch dass dies möglicherweise die falsche Strategie gewesen sein könnte, ist nicht zu vernehmen. Merz räumt zwar ein, dass die CDU mit den 28 Prozent, die sie in Niedersachsen geholt hatte, nicht zufrieden sein könne. Aber das sei der Stand, den die Partei derzeit bundesweit habe. „Wir sind damit wieder auf Platz 1 in Deutschland“, sagt Merz. Auch schließe die CDU das Wahljahr 2022 mit zwei gewonnenen und zwei verlorenen Landtagswahlen deutlich besser ab als 2021 mit der Bundestagswahl.

Die CDU hat am Sonntag bei der Landtagswahl in Niedersachsen noch einmal deutlich an Stimmen verloren und ihr schlechtestes Ergebnis seit 1955 eingefahren. Sie wird nun aus der Regierung fliegen, was den Einfluss der Union im Bundesrat schwächt. Die letzte Große Koalition bundesweit wird damit Geschichte. Althusmann hatte noch am Sonntagabend die Verantwortung übernommen und seinen Rücktritt vom Landesvorsitz erklärt.

„Fast gar keinen Einfluss“

Friedrich Merz über die Folgen seiner Behauptung, Ukrainer seien „Sozialtouristen“

Merz dagegen spricht nicht über persönliche Fehler und Verantwortung. Dass er etwa ukrainische Geflüchtete als „Sozialtouristen“ diffamiert und sich nach heftiger Kritik nur halbherzig dafür entschuldigt hatte, habe im Wahlkampf „kaum oder fast gar keinen Einfluss“ gehabt, meint der CDU-Chef. Dabei könnten Aussagen wie diese neben der Stilisierung der Abstimmung zu einer Protestwahl gegen Berlin durchaus der AfD in die Hände gespielt haben. Insgesamt hat die CDU etwa 200.000 Wäh­le­r:in­nen verloren, 45.000 davon an die AfD. Zu keiner anderen Partei gingen mehr.

Merz will nun das Wahljahr 2022 analysieren, die Wirtschaftskompetenz der CDU wieder stärken und das Konrad-Adenauer-Haus personell umbauen. Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig, den noch Annegret Kramp-Karrenbauer zum Manager der Parteizentrale gemacht hatte, muss gehen. Dies habe er aber bereits vor der Landtagswahl in Niedersachsen entschieden, betonte Merz. Aus der Partei ist zu hören, der Parteichef und Generalsekretär Mario Czaja seien mit der Kam­pagnenfähigkeit der Parteizentrale nicht zufrieden gewesen. An Hennewigs Stelle kommt der Manager Christoph Hoppe, zuletzt tätig in Luftfahrt- und Bahnindustrie. Früher hatte der bereits für die Unionsfraktion und das Kanzleramt gearbeitet und war dann in die Wirtschaft gewechselt. Neue Leiterin der Stabsstelle Strategische Planung und Kommunikation wird die frühere Marketing-Direktorin der Boston Consulting Group und ehemalige ARD-Journalistin Kathrin Degmair. Seine Büroleitung im Konrad-Adenauer-Haus hat Merz bereits zweimal ausgetauscht.