NATALIE TENBERG DER WOCHENENDKRIMI
: Schöne Bilder, nix dahinter

Bis zu einem gewissen Alter verlieben sich Frauen gerne in diese schweigsamen, schönen Männer in der Hoffnung, in ihrem Innern arbeite und walke es. Auf den Gedanken, der Typ sei ein Langweiler, kommen sie zunächst nicht.

Beim zweiten Schweizer Tatort aus Luzern ist es ähnlich: Er beginnt mit solch anmutigen Bildern, dass man ihn sofort gern hat. Ein schmaler Pfad führt durch Wiesen, leichter Nebel wabert über den Waldboden. Doch dann sieht man Dr. Lanther, den Leiter der Pilatusklinik, so abgekämpft mit einer Startnummer auf der Brust zwischen die Bäume hecheln, ihm hinterher sein Stellvertreter Salimbeni, dass man ahnt, es nimmt kein gutes Ende. Weder der Spendenlauf für das Kinderhilfswerk, an dem die Ärzte teilnehmen, noch der Film namens „Skalpell“ (Buch: Urs Bühler, Regie: Tobias Ineichen). Ein solches steckt bei Lanther im Hals, als Kommissar Reto Flückinger (Stefan Gubser) und seine Kollegin Liz Ridschard (Delia Mayer, Foto) zum Toten kommen. Der Verdacht fällt auf Salimbeni, weil er auch noch ein Verhältnis mit der Frau des Opfers hatte.

Dann aber wendet sich die Geschichte. Ziemlich unvermittelt geht es um Intersexualität, einem Thema, das stark tabuisiert wird – laut Pressetext. Doch dieses angebliche Tabu wird sehr wohl in der Medizin und Öffentlichkeit diskutiert, klüger und einfühlender als in diesem „Tatort“. Weil all die Figuren aber immer traurig sind, droht die Geschichte unter ihrer eigenen Last zusammenzubrechen, ohne zu unterhalten, gar zu fesseln. Wenn sich überhaupt ein Gefühl regt, dann höchstens Mitleid. Sehr schade.

Luzern-„Tatort“: „Skalpell“; Pfingstmontag, 20.15 Uhr, ARD