Sportnation Russland: Der lange Weg zurück zu Olympia

Das IOC strebt eine Rückkehr russischer Sportler zu Wettbewerben an. Ein Bann endet nun, die Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs dauern an.

Russische Wintersportler hinter der Fahne des russischen Olympischen Komitees bei der Eröffnungsfeier der Spiele 2022 von Peking

Das Team des Russischen Olympischen Komitees bei der Eröffnungsfeier der Spiele von Peking 2022 Foto: USAtoday/imago

Der 17. Dezember ist ein wichtiges Datum für den russischen Sport. Eigentlich. An diesem Tag endet der Bann, der über die Sportnation verhängt worden war als Strafe für das staatlich orchestrierte Dopingsystem, das bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi einen wahren Medaillenregen auf russische Sportler und Sportlerinnen ausgelöst hatte.

Zwei Jahre lang durfte die russische Fahne bei Weltmeisterschaften nicht mehr gezeigt, die russische Hymne nicht gespielt werden. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hatte Russland zunächst für vier Jahre ausgeschlossen. Nach einer Beschwerde verkürzte das Internationale Sportschiedsgericht Cas den Ausschluss auf zwei Jahre. Die sind nun abgelaufen. Russland könnte mit all seinen Hoheitszeichen zurückkehren auf die große Sportbühne. Eigentlich.

Denn noch ist eine Rückkehr russischer Sportlerinnen und Sportler zu den Großereignissen nicht absehbar. Ein anderer, schärferer Bann gilt seit dem Angriffskrieg, den Russland unterstützt von Belarus mit dem Überfall auf die Ukraine im Februar begonnen hat. Der Wada-Bann war ja nur eine Art Scheinsperre. Russische Athleten durften sehr wohl an den großen Wettkämpfen teilnehmen, die Handballer taten das unter dem Logo des russischen Handballverbands und die Olympionikinnen marschierten hinter der Fahne des Russischen Olympischen Komitees bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele von Peking ins Stadion.

Seit Februar wirken nun die Sportsanktionen. Die beinhalten einen echten Ausschluss. Nur in ein paar Profisportarten dürfen Russinnen und Russen antreten. Das Fähnchen, das in den Ergebnislisten die Herkunft anzeigt, wird dann einfach weggelassen.

Wem fehlt Alexander Bolschunow

Man hat sich gewöhnt an Wettbewerbe ohne russische und belarussische Beteiligung. Der Langlauf-Weltcup hat ohne Alexander Bolschunow, den erfolgreichsten Athleten der Spiele von Peking, begonnen, ohne dass dies große Erwähnung gefunden hätte. Auch die Eiskunstlaufsaison ist ohne die großen Hingucker aus Russland angelaufen. Kamila Walijewa, die für die emotionalsten und politisch höchst aufgeladenen Bilder in Peking gesorgt hat, läuft ihre neue Kür nur in Russland.

Darin spielt sie auf ihren eigenen Dopingfall an. Während der Spiele war bekannt geworden, dass die damals 15-Jährige positiv auf ein verbotenes Herzmittel getestet worden war. Bis heute ist unklar, ob dem russischen Team deshalb die Goldmedaille im Mannschaftswettbewerb aberkannt werden muss. Die zuständige Anti-Doping-Agentur Russlands (Rusada) hat den Fall untersucht, ein Urteil gesprochen und die Sache für beendet erklärt.

Nur wie die Untersuchung ablief oder das Urteil lautet, das weiß niemand. Denn das soll unter Verschluss bleiben, schließlich sei, so die Rusada, Walijewa wegen ihres jugendlichen Alters eine nach den Wada-Regeln geschützte Person.

Skeptische Anitdopingkämpfer

Das ging der Wada dann doch zu weit. Sie will nun den Fall vor dem internationalen Sportgericht klären lassen und stellt klar, dass das Ende des Banns am 17. Dezember nicht gleichbedeutend ist mit einer Rehabilitierung des russischen Sports und der russischen Anti-Doping-Agentur. Es soll nur den Beginn einer Wiedereingliederung markieren. Der russische Sport bleibt erst mal unter Verdacht. Zudem überlegt man in der Wada, ob die Sportsanktionen nicht auch dazu geführt haben könnten, dass in Russland relativ unkontrolliert am Anti-Doping-System vorbei gearbeitet werden konnte.

Derweil überlegt das Internationale Olympische Komitee, wie die Sportsanktionen, die es selbst angestoßen hat, aufgeweicht werden könnten. Es sieht so aus, als tue IOC-Präsident Thomas Bach alles dafür, um russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris zu ermöglichen. Nach der Sitzung der IOC-Exekutive in der vergangen Woche meinte Bach, Sanktionen gegen Regierungen seien etwas anderes als die Frage nach der Teilnahme von einzelnen Athletinnen bei Olympia.

Sportlerinnen und Sportler dürften nicht zum Opfer von Handlungen ihrer Regierungen werden. Dafür handelte er sich postwendend einen Rüffel vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski ein, der via Twitter seine Verärgerung über die Reintegrationspläne für russische Sportlerinnen und Sportler zum Ausdruck brachte. Seine Forderung: „Isolation“, so lange die Angriffe andauern.

Doch die Zeit drängt für das IOC. Die ersten Qualifikationswettbewerbe laufen bereits. Im Frühjahr nimmt der Vorlauf für die Olympischen Spiele 2024 richtig Fahrt auf. Bach muss sein Ziel, die Sportsanktionen zu einem Ausschluss light umzuwandeln, so wie der Wada-Bann im Grunde einer war, schnell umsetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.