Neues Bündnis für neue Milchpolitik

AGRAR Bauern, Umweltschützer und Menschenrechtler warnen vor den Folgen des Preisverfalls. Eine ganze Landwirtschaftskultur sei in Gefahr, eine artgerechte Haltung der Kühe kaum noch möglich

BERLIN taz | Ein neues Bündnis aus Bauern, Umweltschützern und Menschenrechtlern hat vor den dramatischen Folgen des Preisverfalls bei der Milch gewarnt. Nicht nur die Milchbauern stünden am Rande des Abgrunds. „Auch eine ganze Landwirtschaftskultur ist in Gefahr“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, Romuald Schaber.

Der Deutsche Tierschutzbund verwies darauf, dass die aktuelle Politik auch Konsequenzen für die artgerechte Tierhaltung habe. „Mit Preisen auf dem derzeitigen Niveau können Milchkühe nicht unter artgerechten Bedingungen gehalten werden“, sagte Norbert Mauren. Der Agrarexperte der Umweltschutzorganisation BUND, Friedrich Ostendorff, erklärte, dass es nur mit angemessenen Preisen möglich sei, Kühe auf der Weide zu halten. So könne die Landschaft erhalten und das Klima geschützt werden.

Hintergrund ist die Anhebung der Milchquote, die im vergangenen Jahr trotz der weltweit sinkenden Nachfrage nach Milch von den EU-Agrarministern beschlossen wurde. Die Folge ist die Produktion von Milch-Überschüssen. Die führte dazu, dass für Lagerhaltung und Exportsubventionen allein im Jahr 2009 in Deutschland mehr als 600 Millionen Euro Steuergelder gezahlt wurden. Milchbauern erhalten zwischen 18 und 24 Cent pro Liter, was die Produktionskosten lediglich zur Hälfte deckt.

Das neue Bündnis setzt auf eine bedarfsorientierte europäische Milchpolitik und eine Reduzierung der Milchmenge, die einen kostendeckenden Erzeugerpreis erlaubt.

„Wir wollen kein planwirtschaftliches System mit vom Staat garantierten Preisen“, sagte Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Aber wir fordern sehr wohl eine starke Position für die Milchbäuerinnen und Milchbauern.“ Ostendorff sagte, dass aber auch die VerbraucherInnen gefragt seien: „Trinken Sie Milch“, forderte er. „Das hilft den Milchbauern sehr.“ SARAH PREUSS