MATTHIAS LOHRE ÜBER KORRUPTE GESCHÄFTE ZWISCHEN ÄRZTEN UND KLINIKEN
: Der verkaufte Patient

Die Chuzpe vieler Mediziner wird nur noch übertroffen von ihrer Bereitschaft zum Selbstmitleid. Wie sonst lässt es sich erklären, dass Ärzte- und Klinikvertreter derzeit allen Ernstes klagen, die jeweils andere Seite erpresse sie?

Orthopäden verlangten „Fangprämien“ von dem Krankenhaus, an das sie ihren Patienten weiterverweisen. Und viele niedergelassene Ärzte forderten Geld oder Vergünstigungen von Kliniken, wenn sie diesen regelmäßig ihre Kundschaft schickten. Zum einen ist dies im Gesundheitswesen ein nicht einmal sonderlich gut gehütetes Geheimnis. Zum anderen kümmern sich Ärzte wie Kliniken in der erneut entflammten Debatte nur um ihren Ruf und ihr Geld. Kaum einen Gedanken verschwenden sie auf die Leidtragenden dieses Geschachers: ihre Patienten.

Letztere müssen für die Geschäfte zahlen, die Kliniken und Ärzte miteinander auskungeln. Über ihre Kassenbeiträge, über Zusatzversicherungen oder Sonderbeiträge. Und warum? Weil Kliniken allen Ernstes mit den Schultern zucken und erklären, sie seien machtlos. Und weil Ärzte hinter vorgehaltener Hand stöhnen, anders lasse sich in ihrem Beruf ja kaum noch Geld verdienen.

Das ist jämmerlich. Kliniken hätten schon längst die Namen der Ärzte veröffentlichen können, die sie um Bestechungsgelder angehen. Ärzte wiederum diskreditieren sich und ihren hohen moralischen Anspruch, wenn sie finanziellen Druck für ihr Fehlverhalten verantwortlich machen.

Nun sollen paritätisch besetzte Kontrollstellen in den Ländern Abhilfe schaffen. Damit werden die Interessenvertreter der Betrüger zu deren Kontrolleuren. Fällig ist eine Änderung des Strafgesetzbuchs: Auch freiberufliche Ärzte müssen wegen Bestechung bestraft werden können.