Überfüllte Notaufnahmen in Bremen: Kampagnen helfen jetzt nicht

Mit Aufklärungskampagnen will Bremen dafür sorgen, dass an den Feiertagen die Notaufnahmen nicht überlastet werden. Echte Maßnahmen wären besser.

Eingangstür einer Notaufnahme

Hier dürfte es bundesweit in den kommenden Tagen voll werden: Notaufnahme eines Krankenhauses Foto: Patrick Pleul/dpa

Besinnliche Weihnachtsfeiertage, entschleunigende Stunden zwischen den Jahren, feuchtfröhliche Momente an Silvester und Neujahr: Keinen Anflug davon wird es in den Notaufnahmen in den kommenden eineinhalb Wochen geben. Allerorten schlagen die Krankenhäuser Alarm, weil viele Beschäftigte krankheitsbedingt ausfallen, weil die Belastung fürs noch gesunde Personal zu groß ist, weil kaum noch Betten frei sind und die Schlangen vor den Notaufnahmen schon jetzt immer länger werden.

Das alles klingt auch in Bremen so dramatisch, dass die Politik doch bestimmt angemessen reagiert, oder? Besondere Situationen erfordern schließlich besondere Maßnahmen, oder etwa nicht?

Schön wär’s! Statt sich zu überlegen, wie die massenhafte Erkrankung eingedämmt werden kann, startet Bremen nun den Versuch, das Chaos in scheinbar geordnete Bahnen zu lenken. Das beste Mittel dafür ist natürlich: eine Werbekampagne, gar eine „Aufklärungskampagne“.

Denn wer nicht so richtig, richtig schlimm krank oder verletzt ist, braucht natürlich nicht die Notaufnahme zu belästigen. „Immer wieder kommen Menschen in die Notaufnahme, die gar nicht dorthin gehören“, klagt Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke). So verstopften sie unnötig die Zugänge zu den Krankenhäusern, die doch eigentlich für die wirklichen Notfälle frei sein sollten.

Die Lage wird sich zuspitzen

In normalen Zeiten ist so eine Kampagne total sinnvoll – ist ja immer gut, Menschen auf unnütze Krankenhausbesuche hinzuweisen. Jedoch stehen dramatische Tage bevor: Die Lage in den Krankenhäusern dürfte sich in den kommenden Tagen zuspitzen.

Durch Feiertagsbesuche stecken bereits Erkrankte viele weitere Menschen an. Viele Arztpraxen haben zwischen den Jahren geschlossen, sodass Erkrankte direkt ins Krankenhaus fahren werden. Und dann ist da ja noch die Silvesterböllerei: Alle Jahre wieder strömen Feuerwerksverletzte in der Neujahrsnacht in die Notaufnahmen.

Es gibt und gab eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie auf die Situation angemessen zu reagieren wäre. Ein weitreichendes Böllerverbot ist eine Möglichkeit, um die Situation in den ersten Neujahrsstunden und -tagen zu entspannen. Zugutehalten muss man dem Bremer Senat, dass er das durchaus gern durchgesetzt hätte, aber auf Bundesebene noch immer nicht die Voraussetzung für diese Maßnahme geschaffen wurde.

Aber ist damit schon alles ausgeschöpft? Heute ist in Bremen der letzte Schultag vor den Ferien. Letzte Viren können heute also noch mal in den Klassenräumen ausgetauscht werden, ehe sie dann an den Weihnachtsfeiertagen an die Verwandten weitergereicht werden. Hätte der Senat tatsächlich die dramatische Lage in den Krankenhäusern auf der Liste aktueller Probleme priorisiert, wären die ­Ferien kurzerhand vorgezogen worden.

Auch eine verschärfte Maskenpflicht hätte sicherlich zur Entlastung beigetragen. Stattdessen verkündet Bremen nahezu zeitgleich stolz, ab dem Frühjahr die letzten Reste der Maskenpflicht kippen zu wollen.

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Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

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