Mehr Elektro in Ungarn

Deutsche Autokonzerne und fernöstliche Batteriehersteller bauen das Land zu einer Hochburg für E-Mobilität aus – mit satter Hilfe der Regierung Orbán

Ungarn wird zu einem Zen­trum der Elektromobilität – mit satter Hilfe des Staates. Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán lockt die Firmen mit Staatsgeld an und ist dabei, Ungarn zu einem der weltweit wichtigsten Zentren für die Branche zu machen. „Kathoden, Anoden, Separatoren, Fertigungsstraßen, die gesamte Wertschöpfungskette der Batterieindustrie ist da“, sagt Dirk Wölfer von der deutsch-ungarischen Handelskammer in Budapest. „Das ist ein Fuß in die Tür zu Europa.“

Die Nachrichtenagentur Reuters hat die Daten von 32 Investitionsprojekten untersucht, die seit 2012 Geld vom ungarischen Staat erhalten haben. In 30 Fällen stammten die Unternehmen aus drei Ländern – Deutschland, China und Südkorea. Im Schnitt erhielten die Firmen rund 15 Prozent ihrer Investitionen als Zuschuss; davon profitierten unter anderem BMW oder Mercedes. Die Subventionspolitik der Regierung in Budapest zusammen mit der Aussicht, Autowerke in der Nachbarschaft von Batteriefabriken anzusiedeln, machen nach Einschätzung einer Vielzahl von Experten Ungarn als Standort attraktiv. Insgesamt flossen allein in den vergangenen sechs Jahren Direktinvestitionen im Gesamtvolumen von mehr als 14 Milliarden Euro nach Ungarn mit seinen knapp zehn Millionen Einwohnern.

Vor allem der Osten Ungarns profitiert: In Debrecen baut BMW sein Werk für die Elektroautos der „Neuen Klasse“, in unmittelbarer Nachbarschaft entsteht eine Gigafabrik von CATL, dazu Zulieferer von Bremsenherstellern über Kathodenproduzenten bis hin zu Maschinenbauern. Mercedes-Benz rüstet seine Anlage in Kecskemét für den Bau von Elektroautos, die Volkswagen-Tochter Audi betreibt ein Werk in Györ im Westen des Landes.

Die Elektroauto-Offensive birgt auch Probleme. Einerseits gibt es auch in Ungarn bereits einen Fachkräftemangel, andererseits benötigen die neuen Werke auch große Mengen Strom. Weil die Autofirmen sich selbst CO2-Ziele gesetzt haben, muss laut Experten die Energiewende beschleunigt werden: 2021 wurden 80 Prozent des Stroms in Ungarn in konventionellen Kraftwerken erzeugt, dazu kamen 14,5 Prozent Atomstrom, Solarenergie steuerte nur 3,6 Prozent zum Strommix bei. (rtr)