„Keine Demokratie“

Preisverleihung Freie Presse Osteuropas 2012

■ 70, ist Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung. Der Publizist studierte Rechtswissenschaften, Slawistik und osteuropäische Geschichte.

taz: Herr Bomsdorf, brauchen wir eigentlich Pressefreiheit?

Falk Bomsdorf: Ohne Pressefreiheit gäbe es keine Demokratie. Freie Medien sind die vierte Macht im Staat. Sie haben eine Kontrollfunktion, die sie nicht erfüllen können, wenn die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist.

Warum fördert die Stiftung gerade osteuropäische Journalisten?

In Osteuropa ist die freie Meinungsäußerung besonders gefährdet. Korruption und Regierungswillkür sind dort große Probleme. In den baltischen Staaten muss man keine Preise mehr vergeben, um die Pressefreiheit zu schützen. Anders sieht es in Belarus, der Ukraine und den südkaukasischen Staaten aus: Dort werden Journalisten oftmals bedroht.

Mit welchen Hindernissen haben die Berichterstatter zu kämpfen?

Ihnen wird verbal gedroht, es kommt zu körperlicher Gewalt und Entführungen. Es gab sogar Fälle, in denen Journalisten zu Tode gekommen sind. Meist konnten die Begleitumstände nicht aufgeklärt werden.

Warum brauchen wir in Deutschland Pressefreiheit im Osten Europas?

Weil wir Nachbarn brauchen, die in einem kongenialen System leben. Das heißt in einem System, das unserem politisch ähnlich ist. Wenn wir tolerieren, dass Menschenrechte und Pressefreiheit nur auf dem Papier bestehen, bedeutet das politische und soziale Nachteile für die Menschen dort. Der Preis, den wir vergeben, ist ein Akt der Solidarität. Solidarität einerseits mit der betroffenen Bevölkerung, die ein Recht auf Information hat und andererseits mit den Journalisten. Sie sollen wissen, dass sie nicht allein sind. INTERVIEW: SMW

Verleihung der Gerd-Bucerius-Förderpreise Freie Presse Osteuropas 2012: 11 Uhr, Rathaus